Zeitschrift-Artikel: Christliche Gemeinde zu St. Laodicäa

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Titel: Christliche Gemeinde zu St. Laodicäa
Typ: Artikel
Autor: Dieter Ziegeler
Autor (Anmerkung):

online gelesen: 2714

Titel

Christliche Gemeinde zu St. Laodicäa

Vortext

Text

Lieber Bruder Timotheus,

die Einladung zu einer Bibelwoche möchten wir hiermit zunächst rückgängig machen.

Zwischenzeitlich haben in der Gemeinde aus unserer Sicht fortschrittliche Prozesse stattgefunden. Die verantwortlichen Brüder, die Sie vor längerer Zeit eingeladen haben, sind in dem erst kürzlich konstituierten Vorstand nicht vertreten. Sie wurden von den progressiven Mitgliedern nicht gestützt. An dieser Sachlage wird sich kaum etwas ändern, denn bei uns wird nun alles demokratisch entschieden.

Wir freuen uns, dass wir gute Kontakte zu allen Bevölkerungsschichten haben. Gerade letzten Sonntag war ein profunder Gastredner, Bruder Ratio Synkretes, ein Redakteur der „Laodizäischen Welt-Presse“ in unserer Mitte. Herr Synkretes interessiert sich sehr brennend fürs Christentum. Er hat uns einen schönen Dienst getan.

Aus tiefer Liebe wollen wir ihnen, lieber Bruder Timotheus, die Gründe nennen, die uns vorläufig abhalten, ihren Dienst anzunehmen:

Sie vertreten immer noch die Ansicht, dass ausschließlich die Schrift die Grundlage für die Gestaltung der Gottesdienste sei. Können Sie sich wirklich nicht von den extremen Meinungen des Paulus trennen? Sie vertreten eine gesetzliche Absonderung. Halten Sie die Zucht, wie Paulus sie praktizierte, wirklich noch für zeitgemäß? Ihr Dienst bei uns würde einige Geschwister beunruhigen, die in freier Entscheidung ohne Trauschein in Liebe zusammenleben.

Sie sehen die ganze Sache zu eng. Merken Sie nicht selbst, dass Sie dadurch Neurosen kultivieren? Freiheit brauchen wir! Keine Zwänge! (Haben sich eigentlich die von unserem lieben Bruder Dr. Arsenus empfohlenen Meditationsübungen harmonisierend auf ihren Magen ausgewirkt?)

Im Ganzen sind Sie einfach zu stark auf ihren Ziehvater Paulus fixiert. Diese starke Bindung an den ehemaligen Apostel unterminiert ihre Persönlichkeit! Planen Sie doch wie wir die attraktive, christliche Zukunft – spirituell bedürfnisorientiert!

Schon geringe Abweichungen von den Schriften des Paulus sehen Sie als gravierend an. Wir aber üben Liebe und Toleranz und haben so auf Ortsebene eine herzliche Gemeinschaft mit vielen anderen Gemeinden, wenn diese auch zugegebenermaßen andere, um nicht zu sagen biblisch etwas abweichende Lehren besonders in unsere Jugend gebracht haben. Aber die Hauptsache ist doch, dass unsere Gemeinde wächst. Da müssen wir halt Zugeständnisse und Kompromisse machen. Dafür werden wir von tatsächlich allen Glaubensrichtungen und Kirchen anerkannt. Wer hätte das vor längerer Zeit für möglich gehalten? Einheit ist uns an dieser Stelle wichtiger, wir hoffen Ihnen auch.

Das mag reichen. Wenn Sie ihre Meinung in diesen uns wesentlichen Punkten angepasst haben, dürfen Sie uns gerne besuchen. Vielleicht können Sie ja dann mit ihrer Frau einen Sonntagsdienst zusammen übernehmen.


Br. Harmatia
Br. Oekumenius
Schw. Emanzipatia

Nachtext

Quellenangaben