Zeitschrift-Artikel: Die Reformation - ein tragischer Irrtum? -Zum Schulterschluß von Evangelikalen und Katholiken in den USA

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Titel: Die Reformation - ein tragischer Irrtum? -Zum Schulterschluß von Evangelikalen und Katholiken in den USA
Typ: Artikel
Autor: Wolfgang Bühne
Autor (Anmerkung):

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Titel

Die Reformation - ein tragischer Irrtum? -Zum Schulterschluß von Evangelikalen und Katholiken in den USA

Vortext

Text

Am 29. März 1994 wurde in New York eine Erklärung von prominenten Evangelikalen und Katholiken unterschrieben und veröffentlicht, die sowohl Begeisterung wie Bestürzung ausgelöst hat.

Dave Hunt, der bekannte Kult-Experte und Autor zahlreicher Sachbücher, schreibt zu diesem Ereignis:
"Das Dokument stellt die Reformation auf den Kopf und fügt der Sache Christi unermeßlichen Schaden zu... ich glaube, daß es zumindest in den letzten 1000 Jahren keinen verheerenderen Schlag gegen das Evangelium gegeben hat, als dieses Dokument..."

In dieser Erklärung entschuldigen sich Evangelikale dafür, daß man in der Vergangenheit in katholischen Ländern Katholiken evangelisiert hat und rufen mit Katholiken dazu auf, sich gegenseitig als Christen anzuerkennen und keine Abwerbung zu betreiben.

Inzwischen wird diese Erklärung in Spanisch, Portugiesisch, Polnisch und Russisch übersetzt, um in ganz Lateinamerika und Osteuropa verbreitet zu werden.

"Naiv oder eine trügerische Falle?" so lautete die Überschrift der idea-Meldung zu diesem Thema - und dieser wichtigen Frage wollen wir auf den folgenden Seiten nachgehen.

Diese Erklärung scheint ein vorläufiger Höhepunkt jahrelanger Gespräche und Verhandlungen zwischen prominenten Evangelikalen und prominenten Katholiken zu sein. Wenn dieses Dokument von evangelikaler Seite ernst genommen und verwirklicht wird - was Gott verhüten möge - wird sich der Vatikan und Tom Forrest - der Initiator von "Evangelisation 2000" - keine weiteren Sorgen mehr um Mitgliederschwund in Lateinamerika, auf den Philippinen und in den Ostländern zu machen brauchen.

Zu den auch in Deutschland bekannten evangelikalen Unterzeichnern der 25seitigen Erklärung gehören der frühere US-Präsidentenberater Charles Colson, der Gründer des internationalen Missionswerkes "Campus für Christus": Bill Bright, der bekannte Fernsehprediger Pat Robertson, der Theologe und Autor James J.I. Packer, sowie der Autor Os Guinness.

Dieses Dokument ist überschrieben: "Evangelikale und Katholiken zusammen: Die Christliche Mission im dritten Jahrtausend."

Nun ist es nicht möglich, die folgende lange Erklärung an dieser Stelle vollständig wiederzugeben und zu kommentieren, doch möchte ich versuchen, die Kernpunkte hervorzuheben und darauf einzugehen.

Zuerst einmal muß man den Unterzeichnern bescheinigen, daß sie ein spürbares Anliegen für die Einheit und für die Wahrheit haben. Die großen Unterschiede zwischen Evangelikalen und Katholiken werden-wie wir sehen werden - nicht verschwiegen oder als bedeutungslos unter den Tisch gekehrt.

Gemeinsamkeiten

Erkennbar ist auch auf beiden Seiten eine Leidenschaft für Evangelisation, wobei allerdings der Anschein geweckt wird, daß beide Gruppen dasselbe Verständnis von Evangelisation und Mission haben.

"Wir sind berufen und entschlossen, Möglichkeiten der gemeinsamen Arbeit und des Zeugnisses zu erforschen, um die eine Mission Christi voranzutreiben."

Beide Gruppen sehen die Bedrohung durch heidnische Religionen und Weltan-schauungen, erkennen den allgemeinen moralischen Verfall und fühlen sich verpflichtet, dem ein gemeinsames christliches Zeugnis entgegenzustellen.

Noch bestehende, fundamentale Unterschiede

Bevor nun die weiteren Gemeinsamkeiten folgen, werden die zur Zeit nicht überwindbaren theologischen Unterschiede genannt, die von beiden Gruppen nicht verschwiegen werden. Dazu gehören die Lehren über die Kirche, die Sakramente, Maria und besonders: "...Taufe als Sakrament der Wiedergeburt oder als Zeugnis der Wiedergeburt."

Auf diesen letzten Punkt wird am Schluß des Dokuments noch einmal eingegangen:

"Für die meisten Evangelikalen, jedoch nicht für alle, soll der Erfahrung der Bekehrung die Taufe als ein Zeichen der neuen Geburt folgen. Für Katholiken sind alle Getauften schon Mitglieder der Kirche, wie untätig ihr Glaube und ihr Leben auch sein mag; für viele Evangelikale verlangt die neue Geburt die Taufe als Einführung in die Gemeinschaft der Wiedergeborenen."

"Evangelikale und Katholiken sind Brüder und Schwestern in Christus"

Nachdem diese fundamentalen Unterschiede genannt wurden, ist man jedoch erstaunt, im Folgenden die Gemeinsamkeiten festzustellen, die trotz der genannten Unterschiede gegenseitige Anerkennung, Gemeinschaft und Zusammenarbeit möglich machen sollen:

"Wir bekennen gemeinsam: Jesus ist Herr. Das ist das erste und wichtigste Bekenntnis der Christen... Wir bekennen gemeinsam, daß wir gerechtfertigt sind aus Gnaden, um Christi willen. Alle, die Christus als Herrn und Retter anerkennen, sind Brüder und Schwestern in Christus. Evangelikale und Katholiken sind Brüder und Schwestern in Christus..."

Konsequenzen

Die Tatsache, daß Evangelikale und Katholiken sich gegenseitig pauschal als Brüder in Christus anerkennen, die zu der einen Kirche gehören, führt zu weiteren Konsequenzen.

Zuerst wird in der Erklärung der gemeinsame Kampf für religiöse Freiheit, für die Trennung von Kirche und Staat, gegen Abtreibung, Pornographie usw. betont. Dann aber folgen in einem letzten Kapitel unter der Überschrift "Wir bezeugen" Sätze, die einen Eindruck davon geben, welche Veränderungen sich auf den Ivfissionsfeldem ergeben werden, wenn sich diese Erklärung durchsetzt:

"Evangelikale und Katholiken versuchen heute, sowohl in diesem Land als auch anderswo, "Bekehrte" aus der Herde der anderen zu gewinnen. In einigen Fällen ist das absolut verständlich und möglicherweise unvermeidlich. In vielen Fällen jedoch untergraben solche Anstrengungen, Mitglieder zu werben, die christliche Mission, an die wir durch das Wort Gottes gebunden sind und der wir uns durch diese Erklärung erneut verpflichtet haben... Wir verurteilen die Praxis, Leute aus anderen Gemeinschaften mit der Absicht zu gewinnen, die eigene Institution zu vergrößern..."

Wer ist ein Christ?

Das Verblüffende an dieser Erklärung ist, daß von evangelikaler Seite deutlich heraus gestellt wird, daß in wichtigen Fragen große Unterschiede bestehen und so z.B. die Katholiken im Unterschied zu den Evangelikalen glauben, daß ein Katholik durch die Taufe wiedergeboren und Glied der Kirche wird.

In der wichtigsten und elementaren Frage, wie man Christ, oder Glied am Leib Christi wird, vertritt man völlig entgegengesetzte Überzeugungen und trotzdem erklären unsere evangelikalen Brüder pauschal: "Evangelikale und Katholiken sind Brüder und Schwestern in Christus."

Wie ist das möglich?
Sind alle Evangelikalen Christen?

Auf diese Frage würden sicher Charles Colson und Bit Bright mit "nein" antworten, denn sie wissen mit uns, daß die Bezeichnung "evangelikal" heute auch nicht mehr für "Qualität" bürgt. Die Erfahrung hat leider gezeigt, daß sich in den evangelikalen Kirchen und Gemeinschaften auch Namenschristen befinden, die bei aller theoretischen Kenntnis des Evangeliums kein Leben aus Gott haben.

Die Tatsache, daß jemand "Herr, Herr..." sagt, reicht nicht aus, um gerettet zu sein-das ist uns allen klar.

Sind alle Protestanten Christen?

Hier müßten wir zunächst einmal die Frage klären, was einen Protestanten ausmacht und wo es heute noch Protestanten gibt. Aber rechnen wir einmal unter die Protestanten diejenigen, die zur Evangelischen Landeskirche gehören, die getauft und konfirmiert sind und das Apostolische Glaubensbekenntnis auswendig können.

Hier ist die Antwort noch einfacher, wir wissen alle, daß nur ein kleiner Prozentsatz der Evangelischen Christen im Sinne des Neuen Testamentes wiedergeboren sind und sein wollen. Der überaus größte Teil der Protestanten interessiert sich nicht für das Christsein. Kein wiedergeborener evangelischer Pfarrer würde behaupten, daß alle eingetragenen Mitglieder der Evangelischen Kirche in Deutschland "Brüder und Schwestern in Christus" sind.

Sind alle Katholiken Christen?

Nun kommt das Erstaunliche. Während wir es für unmöglich halten, daß alle Evangelikalen und Protestanten Christen sind, behaupten Bill Bright, Charles Colson, James I.J. Packer und die weiteren evangelikalen Brüder: "Evangelikale und Katholiken sind Brüder und Schwestern in Christus."

Meine Frage lautet: Auf Grund welcher Tatsache kann eine solche Behauptung aufgestellt werden? Reicht ein formales Bekenntnis, daß Christus Herr und Retter ist oder die formale Zugehörigkeit zur Katholischen Kirche nun plötzlich doch zur Errettung?

"Naiv oder trügerische Falte?"

Hat der argentinische baptistische Theologe Prof. Daniel Carro recht, wenn er erklärt, das Dokument sei "entweder übertrieben naiv oder eine trügerische Falle"? Oder kann es sein, daß wir Evangelikalen keine biblischen Überzeugungen mehr von der Verlorenheit des Menschen, von Gnade, Rechtfertigung und Versöhnung haben, so daß wir, blind geworden durch Anerkennungssucht, tatsächlich glauben, daß in der Katholischen Kirche ein biblisches Evangelium verkündigt wird?

Dann sind wir allerdings auf dem besten Weg, naiv in eine trügerische Falle zu laufen. Der Präsident des mexikanischen Baptistenbundes Roland() Gutierrez-Cortes hat völlig recht, wenn er die Ansicht vertritt, daß diese Erklärung "geschickt die Verantwortung der Evangelikalen für die Verbreitung der christuszentrierten Heilsbotschaft ausklammert."

Wie werde ich gerecht vor Gott?

Martin Luther und die Reformatoren haben diese Frage durchlitten. Sie haben die Bußübungen der Kirche mit Verzweiflung betrieben, ohne Frieden mit Gott zu bekommen. Gebrauch der Sakramente, Wallfahrten, Kasteiungen halfen nicht, bis sie zur Heiligen Schrift griffen und ihnen beim Studium des Römerbriefes die Augen geöffnet wurden und sie ihre hoffnungslose Verlorenheit, aber auch das große Geschenk der Rechtfertigung allein aus Gnaden erkannten:

"Denn es ist kein Unterschied, den alle haben gesündigt und erlangen nicht die Herrlichkeit Gottes und werden umsonst gerechtfertigt durch seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist..."(Röm. 3,23)

Dieses Evangelium, diese gute Botschaft, predigten die Reformatoren mit großer Freude und Vollmacht zunächst in der Katholischen Kirche und erlebten, wie viele der vom Ablaßhandel gebeutelten, jahrhundertelang irregeführten Menschen das Evangelium verstanden und dankbar annahmen. Aber wie sah die Reaktion Roms aus? Bann, Verfolgung, Folterungen, Scheiterhaufen, Massenmord im Namen Gottes überall in Europa.

Eine weitere Reaktion auf die Lehren der Reformatoren war das Konzil in Trient, wo 1547 die Rechtfertigungslehre Luthers ver urteilt wurde. Dort stellte man folgende Sätze auf, die heute noch für jeden Katholiken verbindlich sind:

"Wer behauptet, der rechtfertigende Glaube sei nichts anderes als das Vertrauen auf die göttliche Barmherzigkeit, die um Christi willen die Sünden nachläßt, oder dieses Vertrauen allein sei es, wodurch wir gerettet werden, der sei ausgeschlossen."

An dieser Stelle wird für jeden aufrichtigen Christen deutlich, daß nicht beides richtig sein kann.

Man kann nicht die Errettung allein aus Gnaden durch den Glauben für biblisch halten und gleichzeitig mit der Kirche den ausschließen und verdammen, der von der Rechtfertigung des Sünders allein im Vertrauen auf die göttliche Barmherzigkeit um Christi willen überzeugt ist.

Entweder ich glaube der kirchlichen Lehre, daß außerhalb der Katholischen Kirche kein Heil ist, daß ich durch die Taufe wieder-geboren bin und das in der Taufe empfangene neue Leben durch die Sakramente gestärkt, durch gute Werke gefördert und durch die Fürbitte Marias und der Heiligen bewahrt wird, oder aber ich glaube mit den Aposteln, daß nur in der Person und in dem Werk unseres Herrn Jesus das Heil zu finden ist:

"Und es ist in keinem anderen das Heil; denn auch kein anderer Name ist unter dem Himmel, der unter den Menschen gegeben ist, in welchem wir errettet werden müssen" (Apg 4,12).

Keine Neutralität!

Jeder ernsthafte Christ muß eine Entscheidung treffen, ob er den römischen Katholizismus öffentlich anerkennen, oder ihn öffentlich verurteilen und ablehnen will.

Selbst prominente Katholiken haben erkannt, daß es hier keinen neutralen Boden gibt. So sagte Kardinal Manning:

"Die römische Kirche ist entweder das Meisterwerk Satans oder das Königreich des Sohnes Gottes,"

Und sein berühmter Zeitgenosse, der wohl bekannteste Konvertit Kardinal John Henry Newman sagte mit aller Deutlichkeit:

"Ein Priesterstand gehört geschichtlich zum Wesen der Kirche Roms. Ist dieser nicht von Gott eingesetzt, dann ist er dogmatisch das Wesen des Antichristen."

Billy Graham hat schon vor Jahren seine Entscheidung getroffen:

"Ich habe herausgefunden, daß das, was ich glaube, im wesentlichen dasselbe ist, was rechtmäßige Katholiken glauben... Wir unterscheiden uns nur an einigen Punkten späterer kirchlicher Tradition."

Die logische Folge davon ist, daß er bei jeder Evangelisation die Unterstützung und Mitarbeit der katholischen Würdenträger sucht und seine katholischen Zuhörer auch wieder in die kath. Kirche zurückschidct.

Bill Bright hat sich mit seinem Missionswerk "Campus für Christus" auch schon vor Jahren für die Zusammenarbeit mit der Katholischen Kirche entschieden.

Nun wird es sich zeigen, inwieweit die Evangelikalen die in den USA von führenden Evangelikalen vollzogene Weichenstellung akzeptieren und nachvollziehen.

Der Schulterschluß mit den Charismatikern ist schon vollzogen worden und wird kaum noch für ein Diskussionsthema wertgehalten. Nun steht die große Koalition für Evangelisation mit der Katholischen Kirche und damit der Verrat der Reformation bevor.

Vielleicht werden wir in den nächsten Jahren einmal schmerzlich an ein prophetisches Wort erinnert, das vor über 100 Jahren von dem Londoner Erweckungsprediger C.H. Spurgeon ausgesprochen wurde:

"Ihr Protestanten, die ihr heute eure Freiheiten wie Billigware verschleudert, werdet einmal den Tag verfluchen, an dem ihr euch die alten Ketten wieder an die Knöchel passen ließet. Das Papsttum fesselte und tötete unsere Väter, und wir machen es zu unserer Nationalreligion!"

Eine Fessel beginnt man schon zu knoten: Keine Evangelisation unter Katholiken und Anerkennung der röm.-kath. Kirche als eine Kirche, in der das Evangelium gepredigt wird, ...denn "Evangelikale und Katholiken sind Brüder".

Nachtext

Quellenangaben

Stark gekürzter Auszug aus dem Buch: W. Bühne: "Die Propheten' kommen!", CLV. Erscheinungstermin: Oktober '94.