Zeitschrift-Artikel: Herbert Masuch: Charismatisch - pro und contra? Ein offenes Wort zur lähmenden Kontroverse

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Titel: Herbert Masuch: Charismatisch - pro und contra? Ein offenes Wort zur lähmenden Kontroverse
Typ: Buchbesprechung
Autor: Wolfgang Bühne
Autor (Anmerkung):

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Titel

Herbert Masuch: Charismatisch - pro und contra? Ein offenes Wort zur lähmenden Kontroverse

Vortext

Text

Der Autor, als langjähriger Evangelist der Deutschen Zeltmission und Initiator des "Gemeinde-Bibel-Unterrichtes" bekannt, versucht als Mann zwischen den Fronten zu vermitteln und Brücken zwischen den Charismatikern und sogenannten "Anticharismatikern" zu bauen.

Er nennt Positives und Negatives in beiden Lagern beim Namen, aber bei allen gutgemeinten Vorschlägen zur Wiedervereinigung beider Gruppen macht H. Masuch meiner Meinung nach einige gravierende Fehler:

1. Es ist spekulativ und auch oberflächlich, die Kirchengeschichte im Raster des AT zu deuten: Befreiung aus Ägypten und Antritt der Wüstenreise = Reformation und Anfänge des Pietismus; Aufbruch ins verheißene Land = Heiligungsbewegung und Erweckungsbewegung um die letzte Jahrhundertwende; Babylonische Gefangenschaft = babylonische Gefangenschaft der Kirche in Deutschland seit der "Berliner Erklärung" von 1909; Ende der babylonischen Gefangenschaft = Analog zum Fall der Berliner Mauer wurde die "geistige Berliner Mauer wie von unsichtbarer Hand auf die gleiche Weise überwunden" (S. 143).

2. Die gutmütige und etwas blauäugige Haltung des Autors geht einigen Problemen nicht auf den Grund. Hier nur drei von vielen Beispielen:

- Die Kasseler Vorgänge im Jahr 1907 als "Arbeitsunfall" (Seite 88) zu bezeichnen ist nicht angemessen.

- Die Behauptung "Es gibt keine bibelkritischen Evangelikalen" und "wenn Charismatiker und Evangelikale sich irgendwo einig sind, dann in ihrer positiven Stellung zur Heiligen Schrift", entspricht leider nicht den Tatsachen. In beiden Lagern gibt es prominente Persönlichkeiten, die nicht von der Irrtumslosigkeit der Bibel überzeugt, sondern Befürworter der historisch-kritischen Exegese sind.

- Daß der eigentliche "allergische Punkt" in der Kontroverse um die "Vollkommenheitslehre" liegen soll (S. 93), stimmt einfach nicht. Das mag 1909 der Fall gewesen sein, aber inzwischen haben derart viele weitere Sonderlehren und esoterische sowie schamanische Praktiken Eingang in die Charismatische Bewegung gefunden, daß heute die Berliner Erklärung nicht ausreichen würde, um die vielen Irrtümer und Irrlehren zu beurteilen.

Die Tatsache, daß der Autor einen "Propheten" wie Rick Joyner positiv erwähnt ("In Deutschland wird eine neue Reformation entstehen...Es wird all jenen Orten, denen es früher Zerstörung brachte, Heilung, Genesung und Heil bringen", S. 147), spricht für sich selbst.

Natürlich macht H. Masuch auch treffende und beherzigenswerte Aussagen. Das ändert aber nichts an meinem Eindruck, daß dieses Buch zwar eine gute Absicht hat, aber die wirklichen Probleme nicht aufdeckt und anpackt.

Nachtext

Quellenangaben

Franz Verlag, Pb., 224 S., DM 24,-