Zeitschrift-Artikel: Gottes unbegrenztes Wissen

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Titel: Gottes unbegrenztes Wissen
Typ: Artikel
Autor: William MacDonald
Autor (Anmerkung): Übersetzung: Marita Lindner

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Titel

Gottes unbegrenztes Wissen

Vortext

Text

Gottes Allwissenheit ...

Gott ist allwissend, er besitzt ein vollkommenes Wissen über alle Dinge. Es gibt nichts, was er nicht weiß. Er brauchte niemals etwas hinzuzulernen und kann es auch nicht. Es genügt nicht, zu sagen: er könnte alles wissen, wenn er es wollte. Nein, er weiß tatsächlich alles. Er war immer allwissend und wird es immer sein.

 A.W.Tozer hat das so formuliert:

"Gott kennt sofort, ausnahmslos und ohne Mühe, alle Materie und jedes Geschehen, alle Gedanken und jeden Verstand , alles Geistige und alle Geister, alles Sein und jedes Wesen, die ganze Schöpfung und alle Geschöpfe, die ganze Fülle und jede Vielzahl, alle Gesetze und jede einzelne Regel, alle Beziehungen, alle Ursachen, alle Gedanken, alle Geheimnisse, alle Rätsel, alle Gefühle, alle Wünsche, alles Verborgene, alle Throne und Reiche, alle Persönlichkeiten, alles Sichtbare und Unsichtbare im Himmel und auf der Erde, Bewegung, Raum Zeit, Leben, Tod, Gut und Böse, Himmel und Hölle." '

Ein Schlüsselabschnitt über die Allwissenheit Gottes ist Psalm 139,1-6:

Herr, du hast mich erforscht und erkannt. Du kennst mein Sitzen und mein Aufstehen, du verstehst mein Trachten von fern. Mein Wandeln und mein Liegen - du prüfst es. Mit allen meinen Wegen bist du vertraut. Denn das Wort ist noch nicht auf meiner Zunge - siehe, Herr, du weißt es genau. Von hinten und von vorn hast du mich umschlossen, du hast deine Hand auf mich gelegt.

Zu wunderbar ist die Erkenntnis für mich, zu hoch: Ich vermag sie nicht zu erfassen.

Wenn der Psalmist die Tatsache des unendlichen Wissens Gottes erwägt, so ist er in seinen Gefühlen davon überwältigt. Er kann diese Kenntnis nicht ermessen, sie ist zu wunderbar.

Der Herr Jesus gab uns einen tröstenden Einblick in die Allwissenheit Gottes, als er betonte, daß kein Sperling ohne das Wissen des Vaters auf die Erde fällt (Mt 10,29). Dr. Henry A. Ironside macht es anschaulich: "Gott besucht die Beerdigung jedes Sperlings." Stell dir das vor. Der Gott der Galaxien und Su pernovae bezeugt sein Interesse an einem scheinbar unbedeutenden Spatz. Und wieviel mehr ist er für sein Volk besorgt!

In Römer 11,33-36 spricht Paulus mit Begeisterung von der Weisheit Gottes:

0 Tiefe des Reichtums, sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes! Wie unerforschlich sind seine Gerichte und unaufspürbar seine Wege! Denn wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist sein Mitberater gewesen? Oder wer hat ihm vorher gegeben, und es wird ihm vergolten werden? Denn aus ihm und durch ihn und zu ihm hin sind alle Dinge? Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen.

Der Schreiber des Hebräerbriefes erinnert uns daran: "Kein Geschöpf ist vor ihm unsichtbar, sondern alles bloß und aufgedeckt vor den Augen dessen, mit dem wir es zu tun haben!" (Hebr 4,13).

und die Begrenztheit des Menschen

Es ist überwältigend, sich die ganze Weisheit Gottes vorzustellen. Unsere Generation ist Zeuge einer enormen Wissensexplosion. In einer scheinbar endlosen Folge überfluten uns Bücher aus den Bereichen der Wissenschaften, der Literatur, Philosophie, Geographie, Geschichte und jedem anderen Gebiet. Unsere Bibliotheken sind überladen. Spezialisierung lautet das Gebot der Stunde. Selbst Experten beherrschen nur ein kleines Gebiet; niemals können sie auch nur hoffen, das ganze Spektrum des Wissens zu erfassen. Gott aber hat das vollständige Wissen über alle Dinge im Himmel und auf Erden, und er teilt dieses Wissen in kleinen Bruchstücken an die Menschen aus. Immer wenn er das tut, werden diese Menschen sofort als Entdecker gerühmt.

Aber es gibt noch so viel, was uns verborgen ist. Obwohl wir zum Mond fliegen können, können wir nicht verstehen, wie eine Biene fliegen kann. Obwohl wir Herztransplantationen vornehmen können, sind wir nicht in der Lage, einen Schnupfen zu heilen. Wir können zwar Entfernungen im Weltenraum, aber nicht die Kluft zwischen den Menschen überwinden. Wir können Krieg machen, aber keinen Frieden. Wir wissen so viel und doch ist es so wenig. Für Gott gibt es weder Geheimnisse, noch unlösbare Probleme noch Rätsel.

Und der Mensch Jesus Christus ...

Was für Gott den Vater gilt, ist auch wahr für Gott den Sohn. Auch als Mensch auf der Erde war die zweite Person der Dreieinheit allwissend. Als eine Frau den Saum seines Gewandes berührte, wußte er, daß es eine Berührung des Glaubens war und nicht das Drängen der Menge (Lk 8,43-48). Er wußte genau, wo die Fische im See Genezareth waren (Joh 21,6). Er wußte, was die Menschen dachten (Mt 9,4). Er kannte den Charakter und die Vergangenheit der Menschen, die er traf (Joh 1,47; 4,16-18). Er konnte die Zukunft voraussagen, seinen eigenen Verrat, seine Verleugnung, Kreuzigung, Auferweckung, Himmelfahrt und sein Wiederkommen eingeschlossen (Joh 13,11; Mk 14,30; Lk 9,22; Joh 14,2-3). Die Jünger waren davon überzeugt, daß er alles wußte (Joh 16,30).

Es ist wahr, daß einige Verse auszusagen scheinen, daß sein Wissen begrenzt war. Lukas berichtet zum Beispiel: "Jesus nahm zu an Weisheit und Alter und Gunst" (Lk 2,52). Wie kann jemand, der allwissend ist, an Weisheit zunehmen? Und Markus deutet an, daß Jesus den Zeitpunkt seines zweiten Kommens nicht kannte (Mk 13,32). Wie konnte das sein, wenn er doch allwissend war?

Hier stehen wir dem Geheimnis der Inkarnation gegenüber: "Anerkannt groß ist das Geheimnis der Gottseligkeit: Gott ist geoffenbart worden im Fleisch" (1Tim. 3,16; nach der unrev. Elberf. Übers.). Wie göttliche und menschliche Natur in einer Person zugleich existieren können, geht über unseren Verstand hinaus. Laßt mich ein Beispiel geben. Wir wissen, daß Gott nicht sterben kann und außerdem wissen wir, daß Jesus Gott ist. Und doch starb Jesus. Wie konnte das sein? Es ist ein Geheimnis. In dieser Hinsicht können wir die Person Christi nicht begreifen; nur der Vater erkennt ihn ganz (Mt 11,27). Viele schlimme Irrlehren waren das Ergebnis von den Versuchen der Theologen, dieses Geheimnis zu lösen. Alles, was sie dabei erreicht haben, besteht darin, daß sie entweder etwas von seiner Gottheit, seiner Menschheit, oder von beidem wegerklären.

. . . ist Gott und allwissend

Wir können sicher sein, daß er niemals seine göttlichen Eigenschaften ablegte, obwohl er sich selbst erniedrigte und seine Stellung im Himmel aufgab, um Mensch zu werden. Er wurde nicht Gott minus einiger seiner Eigenschaften; das wäre unmöglich. Vielmehr wurde er Gott plus Mensch. Er legte die Herrlichkeit der Gottheit nicht ab; vielmehr verbarg er diese Herrlichkeit in der Gestalt eines Menschen. Wenn ein Prinz den königlichen Palast verläßt, um in den Slums zu wohnen, so hat sich zwar sein Wohnort verändert, aber er ist immer noch dieselbe Person. Er kann zwar seine privilegierte Stellung aufgeben und seine wahre Identität verbergen, aber er kann seine Persönlichkeit nicht ablegen. So war es mit dem Herrn Jesus. Er achtete seine Stellung beim Vater im Himmel nicht als etwas, das er um jeden Preis festhalten mußte. Statt dessen kam er als Mensch auf unseren Planeten herab, damit er für die Menschen sterben konnte. Aber er hörte nie auf, allwissend zu sein.

Wenn also einige Verse anzudeuten scheinen, daß sein Wissen begrenzt war, so anerkennen wir zwar die Schwierigkeit, aber wir weisen jede Erklärung zurück, die seine Allwissenheit, die zu jeder Zeit vollkommen war, in Frage stellt. Wir halten Kol 2,9 für wahr: "... in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig." Das bedeutet, daß er immer alle Eigenschaften der Gottheit besaß. Er hatte immer ein vollkommenes Wissen über alle Dinge.

Diese Eigenschaft Gottes sollte eine tiefe Auswirkung auf unser Leben haben. Wie sollten wir doch den Herrn verherrlichen, wenn wir über das unbegrenzte Ausmaß seines Wissens nachdenken! Wie sollten wir ihm lobsingen!

Unser Inneres ist vor Ihm offenbar .

Die Tatsache, daß Gott alles weiß, sollte uns von der Sünde zurückhalten. Da es so etwas wie "geheime Sünden" nicht gibt, sollten wir nie versuchen, uns mit dem Gedanken zu täuschen, daß es niemand weiß. Wie ein Sprichwort lautet: "Eine geheime Sünde auf der Erde ist ein offener Skandal im Himmel." Gott weiß es (1Mo 16,13). Wir können niemals sündigen und ungeschoren davonkommen (4Mo 32,23). Wir sollten uns Gott aber auch nicht als einen finsteren Menschenfeind vorstellen, der sich bei jeder Übertretung auf uns stürzt. Er ist vielmehr ein liebender himmlischer Vater, dessen Gebote zu unserem Wohl und Glück bestimmt sind, nicht zu seinem eigenen. Wer ihn für hart und streng hält, für jemand, dem man nichts recht machen kann, der kennt ihn nicht wirklich.

Aber es ist auch außerordentlich tröstlich, sich zu vergegenwärtigen, daß Gott alles weiß (Ps 56,9). Er weiß, was die Seinen durchmachen - die Leiden, Versuchungen, Verfolgungen, Sorgen und Ungerechtigkeiten (Hi 23,10). "An jedem Schmerz, der das Herz verletzt, nimmt der Mann der Schmerzen teil." Der Herr Jesus schrieb an die Gemeinde in Smyrna: "Ich kenne deine Bedrängnis und deine Armut" (Offb 2,9). Sein "Ich kenne" vermittelt uns ein Meer an Anteilnahme und Trost.

Was für eine Ermutigung ist es doch, wenn wir erkennen, daß Gott alles über uns wußte und uns trotzdem erlöste! Er wußte, was für Versager und Nieten wir sein würden, wie wir uns von ihm entfernen und sein Herz brechen würden. Und trotzdem schlang er seine liebenden Arme um uns und rechtfertigte uns durch seine unverdiente Gnade.

... wie ein aufgeschlagenes Buch

Es ist großartig, sich vorzustellen, daß Gott die Anbetung und den Lobpreis kennt, die wir für ihn in unseren Herzen fühlen, aber nicht in Worte fassen können. Und er weiß, wenn wir gern für ihn etwas tun möchten, aber aus diesem oder jenem Grund daran gehindert sind. David zum Beispiel wollte dem Herrn einen Tempel bauen. Der Herr sagte: "Nein, David, du kannst ihn nicht bauen - aber das macht nichts, es war gut, daß dies dein Herzenswunsch war." Zweifellos wird David an der Belohnung für den Tempelbau Anteil haben, auch wenn Salomo das Vorrecht hatte, ihn auszuführen. Ebenso gibt es Leute, die gerne aufs Missionsfeld hinausgehen würden, aber verhindert sind. Es gibt großzügige Christen, die gern für das Werk des Herrn mehr geben würden, aber sie haben nicht mehr. Gott weiß das alles und wird den Wunsch belohnen.

Denke an die Größe des Wissens Gottes -er kann Gebete in so vielen verschiedenen Sprachen hören und verstehen. Wir haben von Menschen gehört, die etliche Sprachen beherrschten. Robert Dick Wilson, ein christlicher Gelehrter, lernte über vierzig seltene antike Sprachen, um Schwierigkeiten im Text des Alten Testaments besser lösen zu können. Aber niemand außer Gott kennt alle Sprachen.

Beim Studium der Eigenschaften Gottes sollten wir versuchen, viele davon nachzuahmen - zum Beispiel seine Liebe, seine Barmherzigkeit und seine Gnade. Wir werden zwar niemals auch nur entfernt sein Wissen erreichen, aber wir sollten ihm die besten Kräfte unserer intellektuellen Fähigkeiten weihen. Wir sollten immer wachsen in der Erkenntnis Gottes und des Herrn Jesus Christus sowie in der Kenntnis der Heiligen Schrift.

Noch ein letzter Gedanke in Verbindung mit der Allwissenheit Gottes. Wenn Gott uns vergibt, vergißt er unsere Sünden. Er versenkt sie in den Ozean seiner Vergessenheit; er wirft sie hinter seinen Rücken - so weit, wie der Osten vom Westen entfernt ist. Er wird sich nie mehr an sie erinnern. Wie kann nun ein allwissender Gott jemals etwas vergessen? Ich weiß es nicht, aber ich weiß, daß er es tut. Auch wenn wir zugeben, daß er unsere Sünden in dem Sinn vergißt, daß er uns niemals mehr dafür richten wird, so ist die Wahrheit doch nach wie vor großartig.

Wie groß ist Gott! Seine Größe ist unerforschlich.

 

Nachtext

Quellenangaben

Anmerkung

A. W. Tozer, Das Wesen Gottes, S. 68