Zeitschrift-Artikel: Letzte Worte großer Männer - John Hooper (1495 - 1555)

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Titel: Letzte Worte großer Männer - John Hooper (1495 - 1555)
Typ: Artikel
Autor: Wolfgang Bühne
Autor (Anmerkung):

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Titel

Letzte Worte großer Männer - John Hooper (1495 - 1555)

Vortext

Text

Über die vier ersten Lebensjahrzehnte dieses großen englischen Reformators ist kaum etwas bekannt. Man weiß, daß er in Oxford studiert und dort auch einen akademischen Grad erlangt hat, aber weder über seine Herkunft, noch über seine geistliche Entwicklung in diesen Jahren weiß die Geschichte etwas mitzuteilen.

Es gibt Hinweise dafür, daß er nach seinem Studium Mönch in einem Zisterzienserkloster in Somersetshire und Gloucester wurde und nach einigen Jahren enttäuscht nach Oxford zurückkehrte. Aber genaue Daten weiß man nicht.

Sicher ist aber, daß er in dieser Zeit irgendwie auf die Schriften Zwinglis und die Kommentare Bullingers zu den Paulusbriefen gestoßen ist. Diese Schriften haben ihm nicht nur die Augen für die Irrtümer der Katholischen Kirche geöffnet, sondern waren auch das Werkzeug zu seiner Bekehrung.

Sein festes Eintreten für die Sache der Reformation hat te den Haß der Theologen zur Folge, sodaß er Oxford verlassen mußte. Für kurze Zeit wurde er Verwalter und Kaplan im Haus eines Sir Thomas Arundel, der für ihn selbst zwar große Sympathien hegte, aber seine Glaubensüberzeugungen für gefährlich hielt. Deshalb sandte Sir Arundel ihn mit einem Begleitbrief zu dem berüchtigten Bischof Gardiner - dem späteren grausamen Verfolger der Reformatoren - in der Hoffnung, Gardiner würde Hooper die reformatorischen "Flausen" austreiben. Da John Hooper aber nicht zu erschüttern war, gab Gardiner nach einigen Tagen auf und schickte den unbelehrbaren Theologen wieder zurück. Allerdings hielt Gardiner seinen Groll gegen John Hooper für spätere Zeiten warm.

Als in den kommenden Monaten sein Leben bedroht wurde, begab er sich über Paris nach Basel und Zürich, wo er die Reformatoren Bullinger und Bucer nun auch persönlich kennenlernte und mit ihnen Freundschaft schloß.

Die neun Jahre auf dem Kontinent waren für ihn eine Zeit reicher Studien, in der in ihm die Überzeugungen wuchsen, die er später in England mutig vertreten und verteidigt hat. In dieser Zeit heiratete er Anna de Tzerclas, die ihm in jeder Beziehung eine gute Hilfe war.

Zurück nach England

Als nach dem Tod des sittenlosen Heinrich VIII. im Jahr 1547 Eduard VI. König wurde, blühte das Werk der Reformation für kurze Zeit auf. John Hooper fühlte es als seine Pflicht, in seine Heimat zurückzukehren, um dort seine Kräfte der Verbreitung des Evangeliums zur Verfügung zu stellen.

Interessant ist, daß er damals schon eine Vorahnung seines Märtyrertodes hatte, denn als er sich von Bullinger verabschiedete und dieser ihn bat, seinen Freunden in der Schweiz des öfteren zu schreiben, antwortete Hooper:

"Ich will Euch schreiben, wie es mir geht; aber die letzte Nachricht werde ich nicht mehr fähig sein, Euch zu schreiben. Denn dort, wo viel Arbeit und Streit auf mich wartet, dort werde ich, wie Ihr hören werdet, zu Asche verbrannt werden, und das wird die letzte Nachricht sein, die ich Euch selbst nicht mehr schreiben kann, die Ihr aber von mir hören werdet!"

In England predigte er mit großem Einsatz oft zwei- oder dreimal pro Tag und donnerte gegen den Verfall der Kirche und der Moral. Ein Zeitgenosse schrieb über ihn:

"Sein Lebenswandel war so untadelig, daß selbst seine Feinde es nicht wagten, seinen Ruf anzutasten. Er war freundlich gegen jedermann, lebhaften Geistes und mutig in jeder Gefahr ..."

Je länger er predigte, umso mehr strömten die Menschen zu seinen Predigten, so daß die Kirchen oft überfüllt waren. Auch König Eduard VI. hörte des öfteren die Predigten Hoopers und so kam es, daß John Hooper 1550 zum Bischof von Glaucester ernannt wurde.

Mit dieser Nominierung geriet er allerdings in einen Konflikt mit seinen Freunden, den Reformatoren Cranmer und Ridley, die nicht verstehen konnten, warum er sich weigerte, den bisher bei Bischofseinsetzungen üblichen Eid zu sprechen und die Bischofsgewänder anzuziehen. Doch Hooper hielt den Eid für unbiblisch, weil er sich auf die Heiligen und Gott bezog und lehnte die Bischofsgewänder ab, weil er sie für "Nesteier des Romanismus" ansah. Fast ein Jahr lang dauerte der Streit zwischen den Reformatoren, bis man endlich einen Kompromiß gefunden hatte und John Hooper als Bischof anerkannt wurde.

Nur zwei Jahre konnte John Hooper ungestört wirken, weil im Jahr 1553 der hoffnungsvolle Eduard VI. starb und die "blutige Maria" ihr Regiment antrat. Ihr Zorn auf alle Protestanten traf zuerst Bischof Hooper, dessen kurzes Wirken außerordentlich fruchtbar war. Da auch die katholischen Bischöfe Bonner und Gardiner ihn als entschiedensten Gegner des Papsttums haßten, war seine Beseitigung nur eine Frage der Zeit.

Seine Freunde warnten ihn vor der drohenden Gefahr, aber Hooper antwortete ruhig:

"Einmal bin ich geflohen und verließ mich auf meine Füße. Aber jetzt, wo ich auf diesen Platz und in diese Stellung berufen wurde, bin ich fest davon überzeugt, ausharren zu sollen und mit meinen Schafen zu leben oder zu sterben."

Verurteilung und Hinrichtung

Am 1.9.1553 wurde John Hooper verhaftet und in ein Londoner Gefängnis abgeführt. 17 Monate mußte er in einem stinkenden, feuchten Loch zubringen. Dreimal wurde er von seinen Richtern verhört, beschimpft, gequält und zum Widerruf aufgefordert. Weil er aber fest für die Lehren der Reformation einstand und keinen Millimeter von der Wahrheit weichen wollte, wurde er am 4.2.1555 zum Feuertod verurteilt.

Folgende Behauptungen Hoopers wurden als Grund für seine Verbrennung genannt:

1. Die Ehe der Geistlichen ist schriftgemäß

2. Ehescheidung ist in besonderen Fällen erlaubt (Matth. 19,9)

3. Die leibliche Gegenwart des Herrn im Abendmahl ist zu verwerfen und die Messe ist Götzendienst.

Zu seiner Freude erfuhr er, daß er in seiner Stadt Glouchester verbrannt werden sollte. Als er am 9. Februar in der Frühe zur Hinrichtungsstätte geführt wurde, waren etwa 7.000 Menschen versammelt, um zu sehen, wie er sich angesichts des Todes verhalten würde. Auf einen Stab gestützt wurde er von zwei Sherrifs geführt. Es war ihm verboten, zu den bitterlich weinenden Menschen am Straßenrand zu reden. Aber wenn er sie klagen hörte, hob er manchmal die Augen zum Himmel empor und lächelte alle Bekannten freundlich an. Augenzeugen berichteten, daß man ihn nie so fröhlich und so frisch wie an diesem Tag gesehen habe.

Als er an den Ort kam, wo er sterben sollte, sah er lächelnd auf den Scheiterhaufen und stellte fest, daß er an dem Ort aufgeschichtet war, wo er oft gepredigt hatte. Alle Häuser und Bäume waren voll von Menschen. Schließlich kniete er nieder zum Gebet. Sechs oder siebenmal winkte er einen, den er kannte, heran, er solle hören, was er betete, um es später zu berichten. Während er nun etwa eine halbe Stunde betete, wurde eine Schachtel vor ihm auf den Stuhl gesetzt, welche die Begnadigung der Königin enthielt, falls er widerrufen würde. Doch als John Hooper dieses Schreiben sah, rief er: "Wenn ihr meine Seele liebt, hinweg damit!"

Lord Shandois rief darauf wütend: "Hier ist alles verloren. Das ist ein unverbesserlicher Ketzer, schickt ihn eiligst ins Jenseits!"

Nun bat Hooper, sein Gebet beenden zu dürfen und sprach folgende ergreifende Worte:

"Herr, ich bin Hölle; aber Du bist Himmel. Ich bin Abschaum und ein Pfuhl der Sünde, Du aber bist ein gnädiger Gott und ein barmherziger Erlöser...Du weißt ja, warum ich hierher gekommen bin, um zu leiden und warum die Bösen Deinen armen Knecht so verfolgen - nicht wegen meinen Sünden und Übertretungen, die ich gegen Dich begangen habe, sondern weil ich nicht will, daß ihre bösen Werke Dein Blut beflecken und weil sie die Erkenntnis Deiner Wahrheit leugnen über die es Dir wohlgefallen hat, mich durch Deinen Heiligen Geist zu unterweisen...Und Du siehst es gut, mein Herr und Gott, welche schrecklichen Schmerzen und grausamen Qualen sie Deinem Geschöpf bereitet haben, solche die niemand ohne Deine Kraft ertragen, noch geduldig durchstehen kann. Aber alles, was bei Menschen unmöglich ist, ist möglich bei Dir. Darum stärke mich durch Deine Güte, daß ich nicht im Feuer die Bahnen der Geduld durchbreche oder auf andere Weise die Schrecken der Schmerzen lindere, so daß Du dadurch aufs Höchste verherrlicht werdest!"

Nachdem er das Gebet beendet und die ergriffene Menge auf seinen Wunsch das "Vaterunser", gesprochen hatte, trat er zum Scheiterhaufen, wo er zum Himmel aufblickte und für sich betete. Schließlich trat der Soldat hervor, der dazu bestimmt worden war, das Feuer zu entzünden und bat ihn um Vergebung. Hooper fragte ihn, was er ihm vergeben solle. "0, Herr", antwortete er, "man verlangt von mir, daß ich das Feuer anzünde."

"Damit tust Du mir kein Unrecht. Gott vergebe dir deine Sünden und du tue nun deine Pflicht, ich bitte dich!"

Dann wurden die Strohbündel aufgehäuft, von denen er zwei unter seine Arme steckte, nachdem er diese geküßt hatte.

Seine Leiden waren furchtbar, denn man hatte nur grünes Holz herbeigeschafft, das nicht richtig brennen wollte. Da zudem auch noch ein scharfer Wind die Flammen von ihm wegblies, verbrannte zunächst nur sein Haar, während er betete: "0, Jesu, Sohn Davids, erbarme Dich meiner und nimm meine Seele auf!"

Erst als man zum dritten Mal das Feuer anzündete und das Schießpulver explodierte, brannte der Scheiterhaufen besser und wieder betete Hooper das gleiche Gebet. Der Chronist Foxe schrieb darüber:

"Dies waren die letzten Worte, die man von ihm hörte. Aber als sein Mund schon schwarz und seine Zunge so geschwollen war, daß er nicht mehr sprechen konnte und seine Lippen bis auf die Kiefer geschrumpft waren, schlug er mit den Händen seine Brust, bis der eine Arm abfiel. Dann schlug er mit dem anderen weiter, während aus seinen Fingerspitzen Fett, Wasser und Blut tropften...und seine klopfende Hand an dem Eisen vor seiner Brust festklebte. Dann beugte er sich plötzlich nach vorne und gab den Geist auf.

So litt er eine Dreiviertelstunde oder mehr in dem Feuer. Wie ein Lamm hielt er geduldig dem Entsetzlichsten stand...Nachdem seine Füße und Schenkel schon verbrannt waren, starb er ruhig wie ein Kind in seinem Bett, und jetzt herrscht er in der Freude des Himmels, die den Getreuen in Christus vor Grundlegung der Welt bereitet worden ist. Für diese Standhaftigkeit müssen alle Christen Gott preisen!"

Letzte Worte an seine Freunde

Drei Wochen vor seinem Märtyrertod hatte John Hooper seinen Freunden einen letzten Brief geschrieben, aus dem ich abschließend einige besonders wertvolle Sätze zitiere:

"Die Gnade Gottes sei mit Euch. Amen.

...Es war einfach, auf der Seite Christi zu stehen, als der König und die Welt es auch taten; aber nun, wo die Welt Ihn haßt, kommt echte Drangsal für die Seinen. Darum, in dem Namen und durch die Wirksamkeit, Kraft und Stärke des Heiligen Geistes bereitet Euch in jedem Fall zum Widerstand und zur Standhaftigkeit...

Hütet Euch, allzusehr das Glück und das Elend dieser Welt zu betrachten; denn wenn wir sie zu sehr betrachten, lieben oder fürchten, werden wir von Gott abgezogen. Darum bedenkt bei Euch selbst: Wenn Euch das Glück der Welt berührt, so ist es gut; aber niemals anders, als daß Ihr in der Gunst Gottes dabei bleibt. Wir dürfen es annehmen; aber immer in solchem Abstand halten, daß wir bei seinem Genuß Gott nicht verlieren...Wir sollten nichts, was geringer ist als Gott, festhalten, damit uns Gott, der größer ist als alles, nicht verloren geht.

Über das Unglück urteilt in gleicher Weise. Gefangensein ist schmerzlich, aber Freiheit zu bösen Bedingungen ist schmerzhafter. Gefängnisse stinken, aber nicht so sehr, wie schöne Häuser, denen es an wahrer Gottesfurcht mangelt...

Es bereitet Schmerzen, von Dingen und Freunden zu scheiden; aber nicht soviel, wie von der Gnade und vom Himmel selbst getrennt zu sein. Darum können weder Glück noch Widerwärtigkeiten dieser Welt groß erscheinen, wenn sie mit den Freuden und Schmerzen der zukünftigen verglichen werden...

Was mich angeht, und ich danke meinem himmlischen Vater dafür, habe ich mit allem abgeschlossen und übergebe mich dem Willen des Himmlischen Vaters. Wie Er will, so will auch ich, um Seiner Barmherzigkeit willen. Um Gottes willen, schreibt sobald Ihr könnt an meine arme Frau und an meine Kinder...

Ich bin jetzt ein kostbarer Edelstein und werde sorgsamer bewacht als je zuvor; denn keiner meiner Leute, noch die Hausdiener dürfen zu mir kommen, nur der Wärter, ein schlichter, grober Mensch. Gott weiß es, und mir soll es einerlei sein. Lebt wohl.

Den 21. Januar 1955.

Euer gebundener John Hooper"

 

Nachtext

Quellenangaben

Benutzte Quellen:

J.C. Ryle: Fünf Märtyrer, CLV

Theodor Fliedner: Evangelisches Märtyrerbuch (vergriffen)