Zeitschrift: 128 (zur Zeitschrift) Titel: Faszination Gold Typ: Artikel Autor: Wolfgang Bühne Autor (Anmerkung): online gelesen: 2557 |
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Faszination Gold |
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Es war im Juli dieses Jahres, als wir an einem Sonntag in unserer Gemeinde eine Predigt über das Buch „Prediger“ hörten. Wir bekamen einen beeindruckenden Überblick über das wohl letzte literarische Werk Salomos, in dem er die Sinnlosigkeit eines Lebens „unter der Sonne“ beschreibt, das ohne Gottesund Ewigkeitsbezug „eitel“ oder eben „für die Katz“ ist – wie man heute sagen würde. Der ungeheure Reichtum Salomos wurde uns vorgestellt, seine genialen Erfindungen, seine philosophischen Beobachtungen und beeindruckenden Reflexionen usw. In einer Nebenbemerkung wurden wir auch über das Gewicht des Goldes aufgeklärt: Ein 10 Liter Eimer voll Gold wiegt mehr als 200 kg! Kaum zu glauben – aber der Verkündiger war Physiker und wusste wohl, was er sagte. Es war also eine erbauliche, interessante und auch unterhaltsame Predigt. Sechs Tage später blickte ich aus meinem Arbeitszimmer und registrierte, dass ein vollbepackter, in die Jahre gekommener Combi vor unserem Haus hielt. Als die ersten Insassen ausstiegen und sich nach der offensichtlich langen Reise dehnten und reckten, erkannte ich eine uns seit Jahren bekannte und befreundete Familie. Bei der Begrüßung erklärte die Mutter, dass sie gleich weiterfahren müssten, vorher wolle sie mir aber etwas „zu treuen Händen“ übergeben. Sie drückte mir einen zerknitterten, abgegriffenen Umschlag in die Hand, der aber ungewöhnlich schwer wog. „Da ist ein Stück Gold drin – für die Mission!“, kommentierte sie die Übergabe und wenige Minuten später fuhr die Familie weiter. Ziemlich perplex öffnete ich den Umschlag und hatte zum ersten Mal in meinem Leben einen echten „Goldbarren“ in Händen – etwa einen Schoko-Riegel groß, mit der Prägung 999,9 und tatsächlich außergewöhnlich schwer – da erinnerte ich mich an den Vortrag vom Sonntag … Nun hatte ich absolut keine Ahnung, welchen Wert ich da in Händen hatte, war mir aber der Verantwortung bewusst, die mit dem anvertrauten Edelmetall verbunden war. Dem Stück Gold lag noch ein Zettel bei: „Bitte das Geld (Gold) in erster Linie verwenden für Brüder, die im Werk des Herrn arbeiten und Bereitschaft gezeigt haben, echte Entbehrungen auf sich zu nehmen und/oder Geschwister, die in extremer Armut leben – möglichst aufgeteilt in kleinen Beträgen …“ Wohin mit dem Gold? Da sich in unserer Wohnung kein Tresor befindet, habe ich das Goldstück über das Wochenende in Papier eingewickelt und als Briefbeschwerer auf meinen Schreibtisch gelegt – in der Annahme, dass ein möglicher Einbrecher Geld oder Gold an dieser Stelle nicht vermuten würde. Am Montag zeigte ich das Gold unseren Mitarbeitern im Buchladen und fragte, ob jemand eine Ahnung hätte, was man nun mit einem solchen Stück anfangen müsste. Jeder nahm das Gold ehrfurchtsvoll in die Hand, staunte über das Gewicht – die Waage zeigt 250 Gramm an – aber keiner von ihnen hatte bisher Erfahrungen auf diesem Gebiet. Für alle Fälle wurde ein Foto von diesem seltenen Gegenstand gemacht und schließlich suchte ein Freund im Internet nach und stellte fest, dass man Gold am günstigsten bei einer Bank eintauscht. Und so ging ich am nächsten Tag zur Volksbank, fühlte mich für einige Augenblicke als recht „wertvoll“, war aber doch sehr erleichtert, als ich am Schalter dem erstaunten Kassierer diese Bürde zur Gutschrift in die Hand drücken konnte. Wohin mit dem Geld? Damit war schon mal der erste Teil meines Auftrags erfüllt, aber nun gilt es, die weitaus schwerere, aber schöne Aufgabe anzupacken, das Geld „in kleinen Beträgen“ an solche weiterzuleiten, die im Vertrauen auf den Herrn in seinem Werk arbeiten. Nun kennen wir Gott sein Dank eine Anzahl hingegebener Brüder und Schwestern, vor allem in der „Dritten Welt“, die meist in ärmlichen Verhältnissen leben, für ihre Versorgung allein auf Gott vertrauen und die sehr dankbar diese Gaben als Antwort auf ihre Gebete aus Gottes Hand annehmen werden. „Kostbarer als Gold …“ Als ich mit diesem „gewichtigen“ Stück Gold in meiner Tasche zur Bank unterwegs war, erinnerte ich mich an eine Begegnung vor etwa fünf Jahren in China. Wir hatten in Peking neben den illegalen Hauskirchen erstmals auch eine große, offizielle Kirche besucht, um uns einen Eindruck zu verschaffen. Da saßen etwa 800 Leute in einem alten, sehr schönen Gebäude und im Innenhof noch einmal ca. 400 Personen, die per VideoÜbertragung der Predigt zuhörten. Diese Kirchen sind gleichzeitig die vom Staat genehmigten Verkaufsstellen für chinesische Bibeln, die neben anderer Literatur in einem kleinen Nebengebäude angeboten werden und großen Zulauf haben. Bibeln sind dort in verschiedenen Ausgaben für sehr wenig Geld zu erwerben. Ich war dabei, Fotos von diesem Laden zu machen, als plötzlich ein junges Paar vor mir stand, das soeben eine recht große und schöne Bibel mit Goldschnitt gekauft hatte und nun ehrfurchtsvoll die Bibel öffnete und mit großen Augen stockend den aufgeschlagenen Text las. Ich hatte meine Kamera schon gezückt um diese Szene festzuhalten, aber irgendwie kam es mir dann doch ziemlich unangebracht und taktlos vor, diesen „heiligen“ Moment zu fotografieren, wo junge Menschen offensichtlich zum ersten Mal in ihrem Leben „echtes Gold“ – das Wort Gottes – staunend in Händen hielten. Automatisch musste ich an die vielen jungen und älteren Leute in Deutschland und Europa denken, deren Bibeln in ihren Bücherregalen ungelesen verstauben und die in der „Heiligen Schrift“ einen veralteten Gegenstand ohne Wert sehen. Und ich musste mir selbst die Frage stellen, ob für mich zutrifft, was David aufrichtig bekennen konnte: „Die Vorschriften des Herrn sind richtig und erfreuen das Herz; das Gebot des Herrn ist lauter und erleuchtet die Augen … sie, die kostbarer sind als Gold und viel gediegenes Gold, und süßer als Honig und Honigseim.“ (Ps 19,10-11) „Darum liebe ich deine Gebote mehr als Gold und gediegenes Gold.“ (Ps 119,127) Der Himmel und die Erde werden vergehen, meine Worte werden nicht vergehen. |
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Nachtext |
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Quellenangaben |
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