Zeitschrift-Artikel: Sara prophezeit im Tempel

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Titel: Sara prophezeit im Tempel
Typ: Artikel
Autor: Walter Adank
Autor (Anmerkung):

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Titel

Sara prophezeit im Tempel

Vortext

Text


Sara prophezeit im Tempel —
»Das ist die Sprache Gottes«


Montag, 2. Dezember 1985. Ich blättere die Zeitung "Stampa Sera" durch und finde auf Seite 10 einen äußerst interessanten Artikel mit obigem Titel.

Bereits seit einigen Tagen höre ich darüber Gerüchte: "Hast du sie im Fernsehen gesehen? Ein Mädchen aus der Nähe Neapels spricht eine fremde Sprache und kann kein Italienisch mehr".

Weil ich in meiner Wohnung kein Fernsehgerät dulde, erfahre ich davon erst einige Tage spä­ter. Tatsächlich, ein 15jähriges Mädchen mit Namen Sara, die einer Pfingstgemeinde ange­hört, macht Schlagzeilen. Es ist schon erstaun­lich, daß eine evangelische Christin in diesem erzkatholischen Land die Massenmedien zu in­teressieren vermag.

In Italien gibt es ungefähr 400.000 evangelische Christen, das ist nicht einmal 1% der Bevölke­rung, und der größte Teil der Evangelischen besteht aus Pfingstlern.
Was war geschehen? Ich übersetze einige Ab­schnitte aus dem Zeitungsartikel:

»Und es wird geschehen in den letzten Tagen, daß eure Söhne in anderen Sprachen weissagen werden«. Das sind die Worte von Sivia Aprile, der Mutter Saras. Das Haus, in dem Sara wohnt, ist voll von Leuten. Das Aufsehen, das um die Person dieses jungen Mädchens gemacht wird, welches seit neun Tagen eine Sprache spricht, die von den Pfingstlern als »Himmlische« bezeichnet wird, hat die Ruhe aus dem Hause der gutbürgerlichen Familie Sarracino vertrieben. Ich frage, oh es möglich ist, mit Sara zu sprechen. Das ist leider nicht möglich, weil sie gerade mit zwei Ärzten, mit dem Psychologen Natale und mit dem Psychiater Falco diskutiert. Ich erfahre, daß ich sie in der evangelischen Gemeinde hören kann, wo sie ihr Zeugnis geben wird.
Die Begegnung ist auf Samstag, den 30. November, festgelegt. Nicht weniger als 1.500 Leute warten auf die Ankunft Saras. Die Mitglieder der Pfingstgemeinde sind in der Minderzahl; überall sind Menschen zu sehen, auch am Eingang und auf der Straße; es ist unmöglich, für alle einen Platz zu finden.
Doch wer sind die Pfingstler? Es sind Mitglieder einer christlichen Gemeinde amerikanischen Ursprungs. Sie feiern den fünfzigsten Tag nach der Auferstehung Christi, als der Geist Gottes in Form von Feuerzungen auf die Apostel fiel. Sie stützen sich einzig auf die Bibel.
Jetzt kommt Sara! Der Lärm läßt sofort nach und ein großes Schweigen erfüllt den Saal. Sara ist 15 Jahre alt, ein weißer Schleier verhüllt die langen rotblonden Haare. Ihr Gesicht ist hübsch und ausdrucksvoll, ihre Figur schlank.
Sie ist Mittelschülerin, introvertiert, scheu, nicht unter den Besten in der Schule. Als einzige Fremdsprache spricht sie Englisch. Der evangelische Pastor stellt sich vor das Mikrofon und sagt: »Die prophetische Gabe, von der man in der Bibel liest, wird nun durch die himmlische Sprache Sams praktiziert. Unsere Schwester Sara istkein Phänomen, sondern eine Manifestation Gottes. Die Bibel sagt, daß der Heilige Geist so auf den Menschen war und ihnen Verstand gab, den Tempel Gottes zu bauen«.
Jetzt kommt Sara an die Reihe. Mit inspiriertem Blick und klarer Stimme redet sie eine unverständliche Sprache, deren Worte erstaunlich schnell ausgesprochen werden. Ich bitte um Überset­zung, die vom leiblichen Bruder Michael vorgenommen wird. Er hat die Gabe der Auslegung der Sprache Saras. Die Auslegung lautet: Eine Botschaft ist an die Neuankömmlinge in dieser Gemeinde gerichtet. Sara hat gesagt, daß Jesus hier seil Wenn ihr ihm das Herz öffnet, werdet ihr euch nicht mehr über die Gabe wundern, die ich empfangen habe, sondern auch ihr selbst könnt sie dann haben.
Sara versteht noch Italienisch, kann es aber nicht mehr reden. Selbst den Neapeldialekt hat sie vergessen. In ihrem Reden schnappe ich spanische, portugiesische und französische Worte auf andere in absolut unbekannten Sprachen. Jemand hat gesagt, daß sie aramili. sehe Sätze spreche, weil das die Sprache sei, die Christus redete. Alberto Palmerini, ein Schulkamerad Saras, erklärt: »Wir waren in dieser Gemeinde letzten Sonntag, 24. 11. 85, versammelt, als ich plötzlich hörte, daß der Herr durch die Worte Saras redete«. Der Bruder Saras, der sie übersetzt, sagt: »Ich betete. Nur wenn man betet, ist es möglich, die Taufe mit dem Heiligen Geist und die Gabe der Sprachen zu empfangen«.
Am Schluß des Artikels lese ich abschließende Worte des Mädchens:
»Ich weiß nicht, wie ich zur Schule zurückgehen kann. Ich kann kein Italienisch mehr sprechen und auch nicht mehr schreiben und erinnere mich an kein Wort Griechisch und Latein mehr. Ich ginge gerne wieder zur Schule, möchte aber die himmlische Zungengabe nicht verlieren«. (Diese Worte sind von ihrem Bruder übersetzt.)

Radio, Fernsehen und Presse haben diesen Fall groß aufgezogen und überall wurde das Wunder bestaunt. Wenn man bedenkt, daß ab und zu über Heiligen- und Marienerscheinungen be­richtet wird, und daß die Italiener im allge­meinen ziemlich abergläubig und von der kath. Kirche her für Zaubereien offen sind, läßt sich die Geschichte bestens in das italienische Me­dienschaffen eingliedern. Die Welt hat einen weiteren Tribut in Bezug auf das Wirken der unsichtbaren Welt entrichtet und der Fürst dieser Welt, Satan, hat seine helle Freude daran. In den nun folgenden Abschnitten
möchte ich kurz aufzeigen, daß die Gescheh­nisse um Sara unmöglich von Gott kommen können, sondern eine sehr tückische List des Verführers sein müssen.

1.   Wenn solche Erfahrungen bei Gotteskindern gefunden werden, ist der natürliche Mensch schnell bereit, diese als von Gott anzuneh­men. Er argumentiert, daß solche Erlebnisse in der Schrift vorgesehen seien, und bei ei­ner so massiven Verbreitung müsse das ja von Gott sein.

Dem entgegne ich, daß alle Erfahrungen eines Christen im Lichte der Heiligen Schrift geprüft werden müssen. Es reicht auch nicht, einen aus dem Zusammenhang gerissenen Bibelvers anzuführen, sondern eine umfangreiche Bibelkenntnis ist notwendig, um die einzelnen Verse in die verschiedenen Themen einzustufen, sie von ihrem heilsge­schichtlichen Hintergrund her zu betrachten und sie in den Zusammenhang mit den Grundsätzen der jeweiligen Haushaltung zu stellen (d. h. betreffen sie Israel, die Gemeinde Gottes oder das zukünftige Zeitalter). Gott hat dem Menschen außer­dem verschiedenartige Offenbarungen gege­ben:

I. Allgemeine Offenbarung Gottes
in der Schöpfung (Röm. 1,19)
in seiner Fürsorge (Apg. 14,17)
im Gewissen des Menschen (Röm. 2,15)

II. Außergewöhnliche Offenbarungen, begrenzt durch Zeit und Raum
Erscheinungen Gottes in menschl. Form (1. Mose 22; 2. Mose 3)
Träume und Visionen (Josef)
Direkte Begegnungen (2. Mose 33)
Zeichen und Wunder
Die Propheten als Sprecher Gottes

III. Einzigartige Offenbarungen
Jesus Christus (Hebr. 1,1)

IV. Die besondere Offenbarung, nicht begrenzt durch Zeit und Raum
die Heilige Schrift

In Johannes 20, 30 u. 31 steht geschrieben: Auch viele andere Zeichen (außergewöhnli­che Offenbarung) hat nun zwar Jesus vor seinen Jüngern getan, die nicht in diesem Buche geschrieben sind. Diese aber sind geschrieben (besondere Offenbarung; die
Schrift), auf daß ihr glaubet, daß Jesus der Sohn Gottes ist, und auf daß ihr glaubend Leben habet in seinem Namen.

Hier sehen wir deutlich, wie Außergewöhn­liches in die Schrift aufgenommen wird, um allen die Offenbarung Gottes mitzuteilen. Paulus hat das Wort Gottes zur Fülle ge­bracht (Kol. 1,25) und der Heilige Geist hat es uns in der Schrift mitgeteilt. Wir haben grundsätzlich nichts Neues mehr zu erwar­ten.

In der Geschichte von Sara wird nicht der Name des Herrn, sondern die Gabe verherr­licht. Das aber, was Gott wirkt, ist immer zu Seiner Herrlichkeit (Eph. 1,12).
Durch diese Verschiebungen gerät man schnell in ein anderes Evangelium (siehe die Äußerungen des Pastors und die Botschaft Saras).

Das große "Tam-Tam" der Massenmedien hat viele Geschwister in den Pfingstge­meinden bestärkt, umsomehr und intensiver mystische Erlebnisse zu suchen. Der Teufel hat somit die Irrlehre über den Heiligen Geist befestigt und einen ganzen Teil des Volkes Gottes in Italien um einen weiteren Schritt hinter das Licht geführt.

Geschwister, laßt uns nüchtern und dem Worte Gottes gehorsam sein. Der Feind verführt mit sehr subtilen Methoden, darum müssen wir umso tiefer in die Ratschlüsse Gottes ein­dringen, uns intensiver mit der Bibel beschäf­tigen und ganz unserem Herrn und Heiland hingegeben sein.

Wir können es uns nicht leisten, ein mittelmä­ßiges Christsein zu leben, mittelmäßige Bibel­kenntnis zu besitzen und mittelmäßig dem Herrn zu dienen. Die Bibel kennt diese Mit­telmäßigkeit nicht, sie redet vom Überströmen:

zur Erbauung der Versammlung Kor. 14,12)
im Werke des Herrn (1. Kor. 15,58)
zur Herrlichkeit Gottes Kor. 4,15)
im Reichtum der Freigebigkeit (2. Kor. 8,2)
in jedem guten Werk (2. Kor. 9,8)
in der Verkündigung des Evangeliums (2. Kor. 10,16)
in der Liebe (Phil. 1,9)
im Glauben (Kol. 2,7)

Wer sich in diesem überströmend einsetzt, wird keine Zeit haben, um eigengefällige Erlebnisse zu suchen, sondern er wird durch Gehorsam und Liebe zur Schrift die Treue des Herrn erleben und den Herrn Jesus immer tiefer und besser kennenlernen.

Nachtext

Quellenangaben