Paul Humburg (1878 — 1945)
»Und es kam ein Entronnener und berichtete es Abram, dem Hebräer (Ausländer)« 1. Mose 14,13
Abraham war ein Ausländer. Er war nicht nur ausgezogen aus der heidnischen Heimat, er war auch geblieben in der Abgeschiedenheit bei Gott. Wohl hatte er auch Bundesgenossen. Er stand mitten im Verkehr von Handel und Wandel. Aber innerlich war er geschieden von der Welt und ihrer Art, von der Sünde. Er war ein "Ausländer". Er hatte ein anderes Ziel, als man es sonst hatte. Er suchte nicht Menschen, sondern Gott zu gefallen, und seine Ausländerart nährte er immer wieder an seinem Heiligtum: er baute dem Herrn einen Altar und verkündigte den Namen des Herrn. Da lagen die Wurzeln der Kraft dieses Mannes.
Die "Ausländer" wohnen am Altar Gottes, in der Gegenwart des Herrn, stehen vor seinem Angesicht Tag für Tag, hören sein Wort, folgen seiner Zucht. Am Altar Gottes trinken sie aus Gottes Quellen. Da schauen sie mit heiligem Staunen auf die Art und das Wesen ihres Gottes. Da sinken sie nieder mit ihren Bitten und mit ihrem Dank.
Das sind die Männer Gottes, die der Welt helfen können, und wenn wir ein Segen sein wollen für andere, dann müssen wir solche "Ausländer" werden. Wir haben es zu tun mit dem Kampf der Finsternis mit dem Licht, wir stehen in einer Welt, die verloren geht, wenn ihr nicht der Heiland, der Retter, gebracht wird.
Da wollen viele der Welt helfen, indem sie auf die Welt eingehen, ihr ein wenig entgegenkommen. Und dabei werden sie innerlich selbst lahmgelegt. Sie merken es nicht: ihre Urteilskraft wird geschwächt, ihre Maßstäbe werden verwirrt, der Weltgeist dringt wie leiser, steter Zugwind in die Kammer ihrer Seele ein, bald sind sie arg erkältet. Der Umgang mit Sodom färbt doch mehr ab, als Lot es je vorher gedacht hätte. Dann treibt man vor dem Wind der Welt ohne Steuer, haltlos. Solche Männer können der Welt nicht helfen.
Und andere, die sich innerlich von der Sünde der Welt freihalten, führen den Streit mit Waffen, die sie dem Arsenal dieser Welt entlehnt haben: sie bringen ihre Botschaft vor, ästhetisch verziert, philosophisch fundamentiert und stellen die Worte mit Kunst nach den Regeln der Kenner der Rede.
Aber so kann man kein Retter werden für die Sünder. Gewiss wollen wir dem Geschlecht unserer Tage nicht kommen mit unverstandenen Worten der Frömmigkeit früherer Jahrhunderte, die doch auch nur der zeitliche Ausdruck waren für das ewige Heil. Nein, wir wollen zu ihnen kommen in der Sprache unserer Tage., Aber man kann Sodom nicht retten, indem man einige christliche Redensarten, geistvoll aufgeputzt, deklamiert. Um Retter zu sein für die Sünder, um ein Menschenleben aus der Sündenbahn zu werfen in Gottes Bahn, brauchen wir Kraft: eine Kraft, die nicht aus uns stammt und nicht aus dieser Welt; eine Kraft, die wir nur schöpfen können an Gottes Quellen, an dem Altar des Herrn.
Wollen wir ein Segen sein für die Welt, dann müssen wir "Ausländer" werden. Wenn einer die Worte so sehr fein stellt, um Menschenherzen zu gewinnen, das klingt wie Hohn. Willst du damit einen gefesselten Sünder losbinden? Willst du mit solchen luftigen Waffen zu Felde ziehen gegen Satans Macht? Steck das Säbelchen in die Scheide und geh hin und kaufe dir ein Schwert! Werde ein "Ausländer"! Ziehe an Gottes Altar! Dann kannst du anderen helfen.
"Da sagte es einer Abraham an, dem Ausländer." Zu den "Ausländern" läuft die Welt in ihrer Not_ Sie weiß, dass ihresgleichen ihr nicht helfen kann. Wenn überhaupt einer helfen kann, dann sind es die "Ausländer" und ihr Gott.
Als Abraham hörte, dass sein Bruder gefangen war, machte er sich auf. Er freute sich nicht, dass er selbst verschont geblieben war, er überließ den anderen nicht seinem Schicksal in dankbarer Ruhe, da er ja geborgen war. So machen es Gottes "Ausländer" nicht. Nein, mitten in der Not der Welt, da sollen sie stehen.
Aber damit wir es können, wollen wir innerlich ausziehen aus der Welt, wollen uns lagern an Gottes Altar, wollen trinken aus Gottes Quellen, wollen wohnen in Gottes Nähe. Wir wollen "Ausländer" werden.
Mit freundlicher Genehmigung aus P. Humburg: "Aus der Quelle des Wortes" (siehe Buchbesprechung)
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