Zeitschrift-Artikel: Lohnt es sich, zu beten? (2. Teil)

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Titel: Lohnt es sich, zu beten? (2. Teil)
Typ: Artikel
Autor: William MacDonald Carl T. Knott
Autor (Anmerkung):

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Titel

Lohnt es sich, zu beten? (2. Teil)

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Text


In welchem Verhältnis steht das Gebet zu unserem Glauben?


Nach Hebr. 11,6 müssen wir glauben, daß Gott lebt und denen, die Ihn suchen, ein Belohner ist.

Es ist nicht richtig zu meinen, eine Sache wird in Erfüllung gehen, wenn wir nur fest genug daran glauben. Vielmehr ist es so, daß sich der Glaube für etwas auf das Wort Gottes stützen muß. Wenn Gott etwas verheißt, dann kann ich im Gebet diese Verheißung in An­spruch nehmen und dann auch sicher sein, daß die Sache in Erfüllung gehen wird. Geht es uns bei allem um die Ehre Gottes und nicht um unsere eigene, dann stellt sich Jesus Christus vor dem Thron Gottes an unsere Seite. Wenn unser Herz glaubend auf die Erfüllung unserer Bitte wartet, dann werden wir bekommen, worum wir gebeten haben.

Gott übermittelt uns Sein Wort und Seinen Willen auf zwei Arten. Zuallererst tut Er es durch die Bibel; sie bringt uns generell Gottes Willen nahe, und je mehr unsere Gebete vom Maßstab der Bibel her geprägt sind, desto si­cherer wird Gott unsere Gebete erhören. Manchmal zeigt uns der Herr Seinen Willen aber auch in einer ganz persönlichen, subjek­tiven Weise durch das sanfte Flüstern des Hei­ligen Geistes. So kann er uns z.B. zu der inne­ren Überzeugung bringen, daß jemand sicher geheilt wird oder die benötigten Geldmittel genau zur rechten Zeit eintreffen werden. Mit dieser inneren Überzeugung können wir zuver­sichtlich beten. Doch wird uns der Herr nie­mals etwas auf diese persönliche Art mitteilen, das irgendwie im Gegensatz zu Seinem ge­schriebenen Wort, der Bibel, steht. Habe ich ein bestimmtes Gefühl oder eine intuitive Ah­nung, dann sollten diese subjektiven Dinge ausgetragen und in der Schrift nach einer Be­stätigung gesucht werden, denn so spricht Gott mit uns heute. Und wir wollen überaus vorsich­tig und prüfend sein in allem, was diese per­sönlichen Offenbarungen angeht. Oft behaupten Christen, Gott habe ihnen dies und das offen­bart, aber die folgenden Ereignisse beweisen, daß es niemals Gott war, Der es ihnen gesagt hatte.

Ich möchte es noch einmal zusammenfassen: Wir können dann im Glauben und zuversichtlich beten, wenn Gott uns Seinen Willen entweder durch die Bibel oder durch eine persönliche Mitteilung durch den Heiligen Geist deutlich macht und diese Sache in der Bibel eine Be­stätigung findet. Angenommen, wir wüßten nicht, was Gottes Wille ist, oder wie wir in einer bestimmten Sache beten sollen, dann sollten wir darum beten, daß Gottes Wille geschieht, ganz gleich, wie das dann aussehen mag. Und in einem solchen Falle können wir ganz besonders dafür dankbar sein, daß der Herr Jesus und der Heilige Geist für uns im Gebet einstehen (Röm. 8,26.27,34).

Bedeutet unser Gebet »Dein Wille geschehe«, daß wir zu wenig Glauben haben?

Wenn wir bereits ganz genau wissen, was Got­tes Wille in einer bestimmten Sache ist, dann wäre es nicht angemessen, unserer Bitte die Worte "Dein Wille geschehe" anzufügen.

Aber wie oft kommt es vor, daß wir uns ein­fach nicht im klaren sind, was der Wille Gottes nun konkret ist. In diesen Fällen ist es ganz richtig, wenn wir unsere Bitte davon abhängig machen, daß Sein Wille geschieht.

Jesus bat darum, daß der Kelch an Ihm vor­übergehen möge; dann fügte Er aber hinzu: "aber nicht mein, sondern dein Wille gesche­he" (Matth. 26,39). Paulus sagt in 1. Kor. 16,7: "denn ich hoffe, ich werde etliche Zeit bei euch bleiben, wenn es der Herr zuläßt." Und Jakobus schreibt in Kap. 4,15: "So der Herr will und wir leben, wollen wir dies oder das tun."

John MacNeil schrieb dazu folgendes:

"Wenn Gott einem Christen eine ganz feste Verheißung in einer bestimmten Sache gibt, dann ist es dessen Vorrecht, durch den Glau­ben jene von Gott versprochene Sache in An­spruch zu nehmen. Dann braucht man nicht zu bitten: "Herr, wenn das Dein heiliger Wille ist, dann gib mir das bitte." Vielmehr ist es so: Wenn Gott jemandem eine Verheißung fest zugesagt hat, weil er Sein Kind ist und es ihm rechtmäßig zusteht, dann darf er sich das Verheißene im Glauben zu eigen machen. Das "Wenn es Dein Wille ist, Herr", hat in diesem Fall keinen Raum mehr; denn hat Gott nicht gesagt, daß uns das nach Seinem Willen Er­betene auch schon gehört?"

Aber nun einmal angenommen, wir wünschen etwas von Gott, das Dieser aber nicht aus­drücklich in Seinem Wort verheißen hat, etwas, worin Er Seinen Willen nicht offenbart hat, dann bleibt uns nur, darum zu bitten; wir können es nicht im Glauben beanspruchen. Gott wird uns entweder geben, worum wir bitten, oder uns in weiser Voraussicht unsere Bitte verweigern.

Wir wollen es lernen, zwei Dinge auseinander­zuhalten: Es gibt Dinge, die wir auf Grund bib­lischer Aussagen im Glauben fest für uns be­anspruchen können, und es gibt Dinge, um die wir im Gebet bitten dürfen.

Wir können Gott nicht zwingen, uns dann etwas zu geben, wenn wir es nur fest genug bean­spruchen, auf etwas bestehen oder aufrichtig glauben, daß uns etwas bereits gehört. Gott bleibt die letzte Instanz für eine Gebetserhö­rung.

Wie ist das Verhältnis zwischen Beten und Fasten?

Fasten kann bedeuten, sich der Nahrung zu enthalten, hungrig zu bleiben. Durch Fasten können wir uns besonders aufmerksam und uneingeschränkt dem Gebet widmen. Wenn wir nach dem Essen ins Gebet gehen, sind wir un­ter Umständen ein bißchen schläfrig. Doch wenn wir fasten, können wir konzentrierter beten, vorausgesetzt, wir beschäftigen uns dann nicht gedanklich mit Essen.

Durch Fasten gewinnt unser Gebet Ernsthaf­tigkeit. Nehmen wir das Fasten ernst, dann bedeutet es, daß wir auch Gott ernstnehmen. In den folgenden Bibelstellen kommt klar zum Ausdruck, daß Beten mit Fasten zusammen­hängt: 5. Mose 9,18-20; Judas 20,24-28; 1. Sam. 7,5-9; Esra 9,3-6 u_ 10,6; Neh_ 1,4; 9,1-3; Ps. 35,13; Joel 1,13.14; Jona 3,7-10.

Fasten kann auch bedeuten, nicht zu heiraten, sich der Ehe zu enthalten. Dies wird in 1. Kor. 7,5.6 erwähnt. Das Ziel eines solchen Fastens ist es, dem Herrn uneingeschränkt zur Verfü­gung stehen zu können. Wer verheiratet ist, sollte vorsichtig sein mit einer zeitweiligen körperlichen Enthaltsamkeit, da er sonst der Versuchung zum Opfer fallen kann.

J. Oswald Sonders schrieb einmal:

"Während das Fasten im Neuen Testament immer freiwillig ist, ergeben die Aufzeich­nungen, daß es im Fall besonderer Versuchun­gen angewandt wurde (Mutti). 4,2), wenn sich jemand nach besonders enger Gemeinschaft mit dem Herrn sehnte (7. Kor_ 7,5), oder wenn ein besonderes Anliegen bestand, die umliegenden Gegenden mit dem Evangelium zu erreichen (Apg. 13,7-3), wenn es besondere Aufgaben beim Aufbau einer Gemeinde gab (Apg. 74,21-23), oder wenn eine besonders schwierige Situation keinen anderen Ausweg mehr zuließ (Matth. 17,21)."

Es versteht sich, daß Fasten kein Mittel ist, mit dem man sich irgendwie Gottes Gunst verschaffen könnte. Es gibt kein verdienstvolles Werk, durch das der Mensch sich an seiner Erlösung mitbeteiligen könnte. Nur der Glaube gilt.

Es sollte nicht unerwähnt bleiben, daß das Fa­sten normalerweise eine persönliche Sache zwischen einem Menschen und Gott ist; des­halb sollte es im Verborgenen geschehen und niemals mit der Absicht, andere durch die ei­gene Heiligkeit zu beeindrucken (Matth. 6,16­-18).

Doch daneben gibt es auch Zeiten, wo eine ganze Versammlung sich zum Fasten und Be­ten trifft, wie die folgenden Schriftstellen zeigen: 2. Chr. 20,3; Neh. 9,1; Esther 4,16; Apg. 13,2. Leider mißachten heutzutage die meisten Gemeinden dieses biblische Prinzip. Matthäus 6 verbietet das Fasten in der Öf­fentlichkeit ebensowenig wie das Beten in der Öffentlichkeit.

Können wir für Nichtchristen beten und sicher sein, dass sie gerettet werden?

Es ist Gottes Wille, daß Menschen gerettet werden, doch Er rettet sie nicht gegen ihren Willen. Gott hat nicht vor, den Himmel mit Leuten zu bevölkern, die überhaupt nicht dorthin wollen.

Wenn wir für die Errettung von Nichtchristen beten, können wir sicher sein, daß Gott sie auf irgendeine Weise ansprechen wird. Vielleicht wird ihnen jemand ein Traktat geben, oder vielleicht hören sie im Radio oder Fernsehen das Evangelium. Vielleicht wird ihnen auch ein Freund oder Nachbar ein persönliches Zeugnis geben. Wir wissen nicht, wie Gott das machen wird, aber wir sind davon überzeugt, daß Er jedesmal, wenn wir für einen Nichtchristen beten, zu ihm reden wird. Es ist dann dessen Entscheidung, ob er der Einladung des Evange­liums folgen möchte oder nicht.

Sollen wir unbegrenzt lange für etwas beten?

Nun, das hängt von einer Reihe von Faktoren ab. So sollten z.B. christliche Eltern auf jeden Fall so lange für die Errettung ihrer Kinder beten, bis sie sich alle für Jesus entschieden haben. Es wäre Sünde, nicht weiter für sie zu beten. 1. Sam. 12,23 lehrt uns, beständig für jene weiterzubeten, die unserer Obhut und Verantwortung unterstehen, ganz gleich, wie ihre Einstellung und Handlungsweise auch sein mag.

Andererseits zeigt uns der Herr aber auch oft, daß es Dinge in unserem Leben geben wird, die Er nicht ändern wird. Paulus betete dreimal zu Gott, Er möge ihm doch den Dorn im Fleisch, offenbar eine körperliche Krankheit, wegneh­men, doch der Herr antwortete Paulus, daß Er sie nicht wegnehmen würde, sondern Paulus ausreichend Gnade geben würde, so daß er sie ertragen könnte. Deshalb bat Paulus in dieser Sache auch nicht weiter, sondern ergab sich in seine Schwachheit, damit die Kraft Christi an ihm sichtbar würde (2. Kor. 12,7-9). Das sollte auch jenen etwas zu sagen haben, die in ihren Gebeten um Heilung bitten.

Der Herr Jesus macht an zwei Gleichnissen deutlich, daß wir ernstlich im Gebet verharren sollten. Das erste Gleichnis berichtet von einem Mann, der nachts unerwartet Besuch bekommt. Da er nicht genügend zu Essen im Hause hat, begibt er sich zu einem Freund und erbittet sich von diesem alles, was er braucht (Luk. 11,5-8). Das zweite Gleichnis berichtet von einer Witwe, die beim Richter um Hilfe gegen ihren Feind bittet. Zuerst bleibt der Richter untätig, aber weil die Witwe nicht nachgibt, gewährt er ihr schließlich ihre Bitte (Luk. 18,1-8). Wir sollen an den Erzählungen lernen, immer wieder zu bitten, zu suchen und anzu­klopfen. Jemand sagte einmal: "Wenn wir be­ten, machen wir es oft wie der Junge, der an der Tür klingelt und dann wegläuft, bevor je­mand aufmacht."

A. MacLaren schrieb:

"Die ernste Wiederholung einer Bitte ist nicht vergeblich (2. Kor. 12,8). Die eine entspringt dem Zweifel, die andere dem Glauben. Wer betet, weil er eine Not tief empfindet, wird dieselbe Bitte vielleicht mehr als hundertmal vorbringen, und doch wird es nicht vergeblich sein. So fordert uns der Herr zu wiederholtem Bitten auf, während Er uns vor leeren Wieder­holungen warnt"

Wir sollten nicht weiter um etwas bitten:

1. Wenn der Herr keine Antwort gegeben hat (5. Mo. 3,26; 2. Kor. 12,9).
2. Wenn wir mit unserem Willen gegen Gottes Willen sind_
3. Wenn uns der Heilige Geist von der Last befreit hat, noch weiter für eine besondere Sache beten zu sollen.

Antwortet Gott immer auf Gebet?

Ja, grundsätzlich antwortet Gott immer genau in der Weise auf Gebet, wie wir es täten, wenn wir seine Weisheit, Liebe und Allmacht besäßen!

Manchmal gibt Er uns genau das, worum wir gebeten haben. Manchmal gibt Er uns etwas besseres als das, worum wir gebeten haben (Eph. 3,20). Doch Er gibt uns auf jeden Fall immer, was das Beste für uns ist. "Ein Kind bittet um das weiße Puder, das es sieht, in der Annahme, es sei Zucker. Der Vater jedoch gibt ihm das Gift nicht, sondern stattdessen echten Zucker. Er gibt dem Kind das, worum es ei­gentlich gebeten hat. So macht es Gott auch bei uns; jedes aufrichtige Gebet beantwortet Gott uns auf die beste Art (Choice Gleanings). Wir sollten daran denken, daß "Ja" nicht die einzig richtige Antwort auf unsere Gebete sein muß. "Nein" ist ebenso eine Antwort von Gott; und es zeugt von geistlicher Reife, wenn wir es lernen, Gottes "Nein" zu akzeptieren.

Manchmal beantwortet Gott unser Gebet sofort, manchmal lehrt Er uns, auf eine Antwort zu warten. Gott beantwortet Gebet; manchmal, wenn der Mut sinken will, gibt Er Seinen Kindern die guten Gaben, die sie begehren. Doch oft muß der Glaube lernen, noch länger zu warten und auch dann Gott zu vertrauen, wenn Er noch schweigt. Gott, Der die Liebe ist, wird das Beste schicken.

"Denn die Berge mögen weichen und die Hügel wanken, aber meine Güte wird nicht von dir weichen und mein Friedensbund nicht wanken" (Jes, 54,10).

Adoniram Judson meinte auf die Frage, ob Gott immer auf Gebet antwortete:

"Ich habe mich früher nie so sehr für etwas interessiert und nie so ganz ernstlich für etwas gebetet, aber das kam dann doch; irgendwann und irgendwie und in irgendeiner Form kam es, und zwar auf dem Weg, den ich mir am we­nigsten hätte träumen lassen. Und doch hatte ich immer so wenig Glauben gehabt. Möge Gott mir vergeben . . und die Sünde des Unglau­bens aus meinem Herzen hinwegreinigen."

Ich bin überzeugt, daß, wenn wir eines Tages im Himmel sind und erkennen werden, wie wunderbar und vollständig unsere Gebete er­hört worden sind, wir uns sehr wünschen wer­den, wir hätten mehr gebetet.

(Fortsetzung folgt!
 

Nachtext

»In zu vielen Fällen
bringen Behaglichkeit und Gesundheit
eine Kälte über unsere Gebete,
So daß das Feuer
mit dem rauhen Eisen der Trübsal
geschürt werden muß.«


C. H. Spurgeon

Quellenangaben