Panik im Saal! Der große Apostel Paulus muß seine Rede unterbrechen. Die Anwesenden drängen sich vor dem Fenster: dort unten liegt Eutychus! Schnelle Fußstapfen hasten die Treppe hinab. Der junge Mann muß wohl eingeschlafen und dann aus dem Fenster gefallen sein. Wir alle kennen diese Geschichte, und wer sie nicht kennt, kann Apostelgeschichte 20,7-12 aufschlagen. Eutychus wurde auf wunderbare Weise wieder lebendig, und die Gläubigen wurden "über die Maßen getröstet". Aber vielleicht können auch wir, in dieser Zeit, noch einen besonderen Trost in diesem Bericht finden. Vielleicht dürfen wir uns wohl einmal die Frage stellen: Ist es in der Geschichte der christlichen Kirche nicht ähnlich gegangen, wie in dem Obersaal in Troas?
1. "Paulus verzog das Wort bis Mitternacht" (V. 7)
In der Nacht dieser Welt sind die Gläubigen beisammen. Während es draußen dunkel ist, brechen sie das Brot, um an den Herrn zu denken, bis Er kommt. Und in ihrer Mitte haben sie das apostolische Wort: "das Gebot des Herrn und Heilandes durch eure Apostel" (2.Petr 3,2). Wären wir sehr froh, wenn ein Bruder seine Rede bis Mitternacht ausdehnt? Möglicherweise nicht, aber um so mehr können wir in unserer Zeit tief dankbar sein, daß wir das apostolische Wort noch immer hei uns haben, auch jetzt, wo überall rabenschwarze Finsternis herrscht.
2. "Es weht kein frischer Wind mehr durch Zusammenkünfte der Christen" (V. 8)
Der Arzt Lukas notiert es genau: "Es waren aber viele Fackeln (oder Lampen) in dem Obersaal, wo wir versammelt waren." Die kleinen Öllampen unter der wahrscheinlich niedrigen Decke machten es warm und stickig in dem Saal. Kein Wunder, daß Eutychus einschlief! Auch in der Geschichte der christlichen Kirche ist es allmählich unter den Gläubigen stickig geworden. Die Aktivität des Heiligen Geistes wird durch die Wirksamkeit des Fleisches und durch menschliche Regeln und Ordnungen in Bande gelegt. Der Geist kann nicht mehr wehen, wohin er will (vgl. Joh 3,8). Kein Wunder, daß viele Christen eingeschlafen sind.
3. "Und vom Schlaf überwältigt, fiel er vom dritten Stockhinunter und wurde tot aufgehoben" (V.9)
Je höher jemand sitzt, desto tiefer der Fall. Vom dritten Stock fällt Eutychus nach unten. Tief, sehr tief sind die Christen nach der herrlichen Anfangszeit gefallen. Die erhabene Stellung, die Gott ihnen verliehen hat, "mitsitzen in den himmlischen Örtern in Christo Jesu" (Eph 2,6), kennen sie nicht mehr. "Gedenke nun, wovon du gefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke" (Offb 2,5) - das sind die Worte, die bereits an die Gläubigen zu Ephesus gerichtet werden mußten, genau dieselben Gläubigen, die durch Paulus über die höchsten geistlichen Segnungen (8) unterrichtet waren.
4. "Paulus aber ging hinab und fiel auf ihn, und, ihn umfassend ..." (V. 10)
Glücklicherweise war Paulus dabei, dort in Troas. Ein Glück, daß auch wir das Wort der Apostel immer noch haben. Derselbe Paulus, der in seinem Brief an die Epheser über die gewaltigen geistlichen Segnungen schrieb, "ging hinab" zu dem traurigen geistlichen Niveau der letzten Tage (u.a. in seinem zweiten Brief an Timotheus). Und das mit der Absicht, auf dieses niedrige Niveau, auf diese Szene des Todes, das Leben zu bringen, durch "Jesus Christus, welcher den Tod zunichte gemacht, aber Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht hat durch das Evangelium" (2.Tim 1,10). Was wir heute mehr denn je nötig haben, ist eine solche Umarmung des Apostels, so ein enger Kontakt mit seinem Dienst, daß wieder geistliches Leben in uns wirksam wird.
5. "Und als er hinaufgestiegen war und das Brot gebrochen und gegessen und lange bis zum Anbruch des Tages geredet hatte" (V. 11)
Die Mahlzeit, die Gespräche und die Gemeinschaft, womit dieses Zusammensein der Christen in Troas begonnen hatte, wurden wieder fortgesetzt. Gemeinschaft auf dem höchsten Niveau - "oben"! Ist dies heute noch möglich, da geistlicher Schlaf und geistlicher Tod unter den Christen Eingang gefunden und ihren Tribut gefordert haben? Ganz sicher! Der Dienst von Paulus will uns auch in den letzten Tagen in den "dritten Stock" zurückbringen, zum Auferstehungsleben, zu dem himmlischen Niveau des verherrlichten Menschensohnes. Was für eine Gnade Gottes, daß Er uns trotz allem, was geschehen ist, noch erlaubt, diese Gemeinschaft miteinander zu haben.
6. "... bis zum Anbruch des Tages" (V. 11)
Noch ist es dunkel. Aber, mit dem Wort: "die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe" (Röm 13,12), spricht uns Paulus Mut zu. Der Tagesanbruch des großen Morgens kommt. Der Morgenstern geht bald auf; es kann nicht mehr lange dauern. Laßt uns auf diesem Obersaal in der Gesellschaft von Paulus bleiben, bis der Tag anbricht. Laßt uns in der Gemeinschaft des Herrn Jesus weitergehen, und zusammen an Ihn denken, beim Brotbrechen und überall, wo Er es uns vergönnt, bis Er kommt.
7. "und sie wurden nicht wenig getröstet" (V. 12)
Der geistliche Schmerz, die Wunden, der Tod, das Elend, die ihre Schlachtopfer auch unter den Christen gefordert haben, können uns tief traurig machen. Aber das Wort Gottes und die Kraft des Heiligen Geistes sind auch in diesem allem in der Lage, uns über die Maßen zu trösten. Vom Alten und Neuen Testament gilt: "Denn alles, was zuvor geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben, auf daß wir durch das Ausharren und durch die Ermunterung (oder Tröstung) der Schriften die Hoffnung haben" (Röm 15,4).
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