Zeitschrift-Artikel: Spuren der Barmherzigkeit

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Titel: Spuren der Barmherzigkeit
Typ: Artikel
Autor: Daniel Zach
Autor (Anmerkung):

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Titel

Spuren der Barmherzigkeit

Vortext

Text

Offene Türen im Norden Pakistans

Daniel, Gersom, Andreas und Samuel berichten von einer Hilfsaktion im Erdbebengebiet Pakistans mit einer Einschätzung vom Wirken Gottes dort.

Es war der 8. Oktober 2005, als in Pakistan in den späten Morgenstunden die Erde minutenlang bebte. Knapp 90.000 Menschen fanden in den Trümmern den Tod, es gab mehrere Tausend Verletzte und über 3 Millionen wurden obdachlos. Wer kann die Wege Gottes verstehen?

O HERR, ich habe deine Botschaft vernommen; ich bin erschrocken... Im Zorn sei eingedenk deiner Barmherzigkeit! Hab 3,2


Die Geistliche Situation in Pakistans Bergen

Die betroffene Region in den Bergen Pakistans wird hauptsächlich von fünf Volksgruppen bewohnt (Kashmiris, Hindkos, Paschtunen, Gujars und Kohistanis). Es gibt laut Berichten unter den Bewohnern dieser Region kaum Menschen, die unseren Herrn Jesus kennen und lieben – fast niemand, der Ihm dient und Ihn anbetet! In manchen der betroffenen Regionen sind nie Christen gewesen. Die wenigen ausländischen Christen, die in den vergangenen Jahren als Facharbeiter in Teilen dieser Region arbeiteten, waren ständig zu höchster Vorsicht aufgerufen.
Hätten sie dem Drang ihres Herzens, das Evangelium mitzuteilen, zu sehr nachgegeben, wären sie des Landes verwiesen worden wie viele ihrer Geschwister zuvor. „Wir wollen hier keine Christen!“, ist die deutliche Botschaft dieses Landes. Die Meinung über die Christen wurde bisher allein durch Hollywood und die Propaganda der religiösen Führer geprägt:

„Ein Christ ist ein Hurer und Säufer und glaubt daran, dass Gott mit einer Frau geschlafen hat.

Die Fragestellung, die sich berechtigter Weise für einen Moslem daraus ergibt, lautet: „Warum
sollte ich also einer werden?“



»Kommt vor dem Winter!«

So lautet der Titel und der sich immer wiederholende Aufruf eines Briefes aus Pakistan, der in unserer Gemeinde im Schwarzwald Mitte November vorgelesen wurde. Ein dort arbeitender Christ hatte ihn verfasst. In dem Brief wurde die Lage der 3 Millionen obdachlos gewordenen
Erdbebenopfer geschildert. Die Befürchtung wurde geäußert, dass der bevorstehende Winter weitere 90.000 Opfer fordern könnte, da sich die jetzt in Zelten lebenden Menschen nicht auf den Winter mit bis zu 6 m Schnee vorbereiten konnten.

Wir waren durch den Aufruf sehr angesprochen. Unser Wunsch war, dass der Herr uns gebrauchen
würde, IHM und den Menschen in Pakistan zu dienen. Wir wollten eine Spur der Barmherzigkeit
hinterlassen, auf der später andere gehen könnten, die der Herr mit der frohen Botschaft in dieses Gebiet senden würde. Wir wollten aber auch traumatisierten Menschen helfen, um sie zumindest für den Winter zu rüsten.


Gott macht das Unmögliche möglich

Die erste Begeisterung darüber, in Pakistan zu helfen, ließ bald nach, als wir uns mit den Gefahren und den scheinbar unüberbrückbaren Problemen dieses Unternehmens beschäftigten:
Ein Bruder bekam bei der vorsichtigen Anfrage nach Urlaub eine klare Absage. Einer hatte in der vorgesehenen Zeit eine wichtige Prüfung abzulegen, zwei hatten erst kürzlich neue Arbeitsstellen
angetreten und glaubten nicht an Sonderurlaub. Die Finanzen für dieses Unternehmen sollte von den Teilnehmern selber getragen werden, was für uns ein großer Berg bedeutete. Außerdem sollten wir dort in großer Höhe in Zelten leben und waren dringend auf teure Ausrüstung angewiesen. Für unseren Herrn alles kein Problem, wie es sich im Lauf der kommenden
Tage herausstellen sollte!

Im Verlauf der Woche, in der wir den Aufruf nach Pakistan zu gehen erhalten hatten, legten wir Gott diese Unmöglichkeiten hin. Gott bestätigte das Vorhaben: Wir alle bekamen Urlaub, die Prüfung wurde verschoben, bei den Reisekosten halfen uns Geschwister und ein namhafter Outdoor-Händler schenkte uns alles, was wir an Ausrüstung noch nicht besaßen. Für uns war es eine weitere Bestätigung, dass Gott auch unseren Frauen und Verlobten ein fröhliches Ja zu unserer Unternehmung gegeben hatte.


Reise zum Einsatzort

An einem Sonntag Ende November begann unsere Reise. Bei einem Zwischenstop in Abu Dabi
hatten wir noch die Möglichkeit, am Flughafen, direkt über einer Mosche, gemeinsam das Brot zu brechen. In Islamabad angekommen, bekamen wir innerhalb weniger Minuten ohne Gebühr unsere Visen, was in den vergangenen Jahren nur über die Botschaft in Berlin möglich war und viele Wochen gedauert hatte. Die pakistanischen Behörden kooperierten sehr gut mit allen, die bereit waren zu helfen. Von Islamabad aus machten wir uns auf den Weg nach M. Dort trafen wir uns mit anderen Einsatzteilnehmern bei der Organisation die unseren Einsatz geplant hatte.

Nach einer kurzen Einführung in die Kultur und unseren Auftrag ging es weiter in ein Hochtal, in dem laut Statistik 70 % der Häuser zerstört und entsprechend viele Menschen umgekommen
waren. Eng aneinander gepfercht, oder auf der Stoßstange stehend fuhren wir dann zu unserem Einsatzort. Auf dem Weg sahen wir immer deutlicher das Ausmaß der Zerstörungen. Ganze Berghänge waren abgerutscht, viele Häuser waren zerstört und große Friedhöfe waren neu angelegt worden. Bei dem Erdebeben wurden auch viele Tiere verschüttet oder durch Steinschlag getötet. Das Fleisch des Viehs, die Milch bzw. die Eier hätten die Dorfbewohner durch den Winter bringen sollen.

Viele Menschen waren traumatisiert. Ein Vater berichtete von seinem 3-jährigen Sohn, der seit dem Tag des Erdbebens kein Wort mehr reden konnte. Er war dabei gewesen, als seine Mutter und Schwester tot aus den Trümmern ihres Hauses geborgen wurden. Wenn es nachts zu Nachbeben kam, war sofort das ganze Dorf wach. Kinder schrieen und Hunde bellten. Der Schock steckt allen noch immer in den Gliedern.


Arbeit in den Bergen

An unserem Bestimmungsort angekommen, richteten wir uns zunächst ein Lager ein, indem wir uns eine winterfeste Hütte bauten. Morgens warteten dann die Dorfbewohner vor unserer Hütte. Sie hatten sich weiter unten im Tal das Baumaterial für eine Hütte besorgt (Rohrbögen, Wellbleche und eine Zeltplane) und es zu Fuß weit hinauf getragen. Das Militär, das wegen dramatischer Szenen bei der Verteilung von Gütern alle Hilfsgüter-Auslieferungen überwachte,
hatte die Materialien ausgegeben. Wir sollten den Menschen nun helfen diese Hütten aufzurichten. Eine Hütte ließ sich in ca. 45 min aufstellen. Angesichts der vielen Arbeit (1.700
Hütten sollten in dem Tal aufgerichtet werden) dachten wir sofort an Multiplikation. Gemeinsam
sollten die Dorfbewohner einige Hütten mit unserer Hilfe aufrichten, um dann später selbständig
in kleinen Gruppen arbeiten zu können – ein vernünftiger Plan, wie wir dachten ...


Schicksals-Ergebenheit

Unser Plan, die Bergbewohner zur Mithilfe anzuleiten, war nicht realisierbar. Es war für die Menschen nicht einsichtig, warum sie die Arbeit eines anderen verrichten sollten. Für uns war es schwer, unwilligen Menschen zu dienen, deren Einstellung war: „Wenn Allah das Haus
meines Nachbarn zerstört, warum sollte ich es wieder aufrichten?“ Die Überlebenden hatten seit Verlauf des Erdbebens nur sehr wenig unternommen um sich selbst zu helfen. Es roch z.B. an vielen Orten noch nach Verwesung durch das verendete Vieh, was aber niemanden zu stören
schien.
Manche baten uns, ohne an die Folgen zu denken, ihre Hütte an einer Stelle aufzubauen, die durch weitere Erdrutsche oder Steinschlag gefährdet war. Es gab täglich mehrere Nachbeben, die
immer wieder Geröllrutsche auslösten. Auf dem Weg von Islamabad kommend hatten wir bereits
gesehen, dass ganze Zeltdörfer in Bachbetten aufgestellt worden waren, die im Frühjahr mit
Sicherheit überflutet sein werden.
Die Moslems entwickeln, geprägt von ihrem Gottesbild, eine verheerende Gleichgültigkeit:
Wenn Allah will, werden wir den nächsten Erdrutsch oder das nächste Hochwasser überleben. Wenn er es nicht will, dann eben nicht. Warum sollen wir uns bemühen?“ „Heute scheint die Sonne, warum sollte ich mich auf den Winter vorbereiten, der erst morgen kommt?“ Allah, der willkürlich tut und lässt was er will, formt ihr Denken und Handeln.

Viele erzählten uns von dem Verlust ihrer Angehörigen, meist Frauen und Töchter, weil sich alle weiblichen Personen am Tag im Haus aufhalten müssen. Die Überlebenden deuteten auf die
Trümmer ihres Hauses, wo sie verzweifelt nach Angehörigen gesucht hatten. All das berichteten
sie uns völlig ungerührt, was wir uns nicht erklären konnten. Später erfuhren wir, dass es dem
Moslem untersagt ist, nach Verlauf des dritten Todestages über den Verlust eines Angehörigen
zu weinen. „Jede Träne verschlimmert die Qual des Verstorbenen“, wird ihnen gesagt.
Wie gerne hätten wir ihnen ausführlicher über Gott berichtet, der nicht grausam und willkürlich
ist, sondern barmherzig und gerecht. Uns haben diese Erlebnisse sehr dankbar gemacht. Wie gut haben wir es, zu wissen, dass Gott uns liebend in seine Vorsätze mit einbezieht.
Wir möchten an dieser Stelle aber auch erwähnen, dass uns die Gastfreundschaft der armen Leute sehr erfüllt hat (mit Reis, Tee und Erstaunen : - ). Als Gäste mussten wir uns auch nicht um unsere Habseligkeiten sorgen, die wir während des Tages unbewacht in unserer Hütte zurücklassen konnten, da die Schamkultur dazu aufruft, den Gast zu ehren.


Die geistliche Arbeit

Nach dem Aufbau einer Hütte gab es immer bei einer Tasse Tee die Möglichkeit zu reden. Wir
nutzten besonders die Frage darüber, warum wir von so weit gekommen seien um zu helfen. Oft
wurde uns diese Frage auch respektvoll von Offizieren oder Regierungsvertretern gestellt, die kamen um die Arbeit zu besichtigten. Gerne haben wir dann gesagt, dass es Gott selbst war, der uns nach hier geschickt hat. Wir konnten den Menschen bezeugen, dass Gott in seiner Liebe dafür sorgt, dass sie den Winter nicht in einem Zelt verbringen müssten. Einer von uns verletzte sich leicht beim Bearbeiten des Wellbleches und meinte, als die Leute das Blut sahen:
Mein Blut für Pakistan.“ Den umstehenden Menschen gefiel dieser Satz sehr. Daraus ergab sich ein Gespräch darüber, dass wohl kaum jemand bereit wäre, sein Blut für andere fließen zu lassen. Es ging dann aber auch darum, dass Gottes Liebe zu uns Menschen so groß ist, dass er bereit war, sein kostbares Blut für andere zu geben. Völlig unfassbar für die Menschen dort!
Wie viele andere hatten auch wir durch das Erdbeben die Möglichkeit zu zeigen, dass Christen Menschen sind, die an der Not anderer Anteil nehmen, die ihre Hände für andere schmutzig machen und die bereit sind unter den Lebensumständen anderer zu leben.


Aufruf zum Danken
Dankt Gott dafür, dass sich Türen zu den Herzen vieler Unerreichter geöffnet haben. Seit dem Erdbeben sind viele Christen über verschiedene Organisationen in diese Region gekommen und konnten praktische Hilfe leisten. Möchte Gott durch diese Katastrophe eine Türe des Evangeliums auftun?
Gott gedenkt an sein Erbarmen! Welch ein Trost.
Dankt Ihm für die wunderbare Führung die wir erleben durften und lasst euch dadurch ermutigen. Keiner von uns wurde ernstlich krank. Durch den Einsatz hatten wir zuhause bereits viele Möglichkeiten, vor verschiedensten Menschen von Gottes Wirken zu berichten und darüber, wie es ein Leben verändert, wenn man sein Denken und Handeln von den wahren Eigenschaften Gottes prägen lässt.
Dankt Gott für einen ungläubigen Helfer, der nach diesen Tagen zielgerichteter Arbeitsgemeinschaft den Wunsch äußerte, auch wie wir ein Leben mit Gott zu führen. Gott hat uns sogar diese Freude nicht vorenthalten.


Aufruf zum Beten
Betet bitte, dass Gott weitere Arbeiter in dieses Gebiet sendet, die Gottes frohe Botschaft langfristig bezeugen und durch ihr Leben und entsprechende Worte Licht und Salz sind.
Betet bitte für die Errettung der Menschen in den Bergen Pakistans. Es müssen unglaublich viele Barrieren abgebaut werden.
Betet, dass der Herr Jesus den Menschen dort begegnet, und dass sie in dem Licht seiner Liebe Hoffnung und ein neues Leben finden.
Betet bitte besonders für die Bekehrung von A., einem einheimischen Helfer. Er lief nach dem Erdbeben zu Fuß durch das Tal in dem wir arbeiteten, verschaffte sich einen Überblick über die Notsituation und veranlasste uns und andere Organisationen dort zu helfen. Er hat bereits das
Herz der Menschen dort gewonnen. Unser Wunsch ist, dass er eines Tages mit dem Evangelium kommt, um die Menschen dort zu erreichen.

Nachtext

Quellenangaben