Zeitschrift-Artikel: "Just for fun

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Titel: "Just for fun
Typ: Artikel
Autor: Theo Lehmann
Autor (Anmerkung):

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Titel

"Just for fun

Vortext

Text

In der letzten Ausgabe von „Fest & treu“ brachten wir ja einen Auszug aus einem historischen Artikel des bekannten Erweckungspredigers C.H. Spurgeon aus dem Jahr 1870, in dem er seine Überzeugungen zu dem damals schon vieldiskutierten Thema „Wie sollen wir singen?“ äußerte.
Nun fanden wir in einem kleinen Taschenbuch recht mutige Gedanken eines in Deutschland bekannten und erfahrenen Evangelisten, der sich fast 140 Jahre später in einem Interview zu dem Thema äußerte und damit auch in ein Wespennest stieß.

Friedrich Hänssler: „Du gehst so weit, englische Lieder abzulehnen und hältst dich zum deutschen Liedtext.“

Theo Lehmann: „Da muss ich um Fairness für mich bitten. Erstens höre ich fast nur englische Musik, rein privat, und zwar stundenlang. Wenn ich Musik höre, ist es Blues, Gospel, Jazz. Es ist
nur englische Musik, das ist mein persönlicher Geschmack.
Zweitens habe ich, um die Gospelmusik in Deutschland zu verbreiten, Jahre meines Lebens diesem Thema gewidmet. Es gibt wahrscheinlich niemanden in Deutschland, der so viel für die Verbreitung und Akzeptanz der Gospelmusik getan hat wie ich. Jahrelang war das in Vorträgen,
Artikeln, Büchern, meiner Doktorarbeit und sonst wo mein Thema. Aber mir geht es hier um Evangelisation.
Wenn die jungen Leute in ihrer Jugendstunde englische Lieder singen in ihrer Flachheit (das ist ja lächerlich!), dann sollen sie es meinetwegen machen. Sie können einem nur leidtun.
Aber das meine ich nicht. Ich rede darüber, wo eine evangelistische Veranstaltung stattfindet, wo das Evangelium Nichtchristen präsentiert werden soll. Und da, da lehne ich das englische Singen ab.
Erstens einmal deswegen, weil wir ja aus der Statistik wissen, dass ungefähr die Hälfte des deutschen Volkes gar kein Englisch kann. Und selbst die, die vorgeben Englisch zu können,
können mir noch lange nicht einreden, dass sie lyrische Texte sofort verstehen können, zumal
wenn dazu noch eine Band spielt und gesungen wird. Ein großer Teil versteht gar nichts. Die
Menschen müssen verstehen, worum es geht!
Was ich will, wenn ich eine evangelistische Veranstaltung habe, ist, dass die Menschen verstehen, worum es geht, und zwar in jeder Minute. Die Zeit ist mir zu kostbar, als dass ich da, wo Menschen vor mir sitzen, die Jesus noch nicht kennen, Zeit damit verbringe, dass ich denen irgendeine Musik vorspiele, die sie in jeder Disco oder Show auch hören können. Bei mir will ich ihnen Jesus nahebringen, auch im Lied und in der Musik. Und deswegen gibt es bei uns z.B.
keine Instrumentaltitel, keine englischen Titel, nicht so „just for fun“, einfach irgendetwas zur
Unterhaltung. Wir wollen niemanden unterhalten, wir wollen Menschen zu Jesus führen.
Deswegen lehne ich in der evangelistischen Veranstaltung die englischen Lieder ab.

Hinzu kommt noch zweitens, dass die Leute es nicht nur nicht verstehen, sondern das Englische schiebt zwischen das, um was es geht, Jesus oder den Glauben, und den Menschen sozusagen eine Distanz. Es ist ja eine Fremdsprache, egal wie man darin lebt oder verwandt ist, es ist eine Fremdsprache. Also fühlt man zu dem, was da in der Fremdsprache verkündet wird, eine gewisse Distanz.

Da klatschte auch Egon Krenz …
Ich werde nie vergessen (das habe ich mit eigenen Augen noch zur DDR-Zeit im Fernsehen gesehen), wie in einer Sendung eine Gruppe ein Spiritual gesungen hat: „Michael row the boot ashore, halleluja.“ Eines der ältesten Spirituals, die es gibt, Halleluja! Da saßen Egon Krenz und die ganze Brigade in der ersten Reihe und haben nun, im falschen Takt natürlich, mitgeklatscht.
So blöd waren die ja nun auch nicht, zumindest „Halleluja“ musste ihnen eigentlich etwas gesagt haben. Aber sie konnten alle kein Englisch, haben nicht verstanden, worum es ging und haben zu einem christlichen Lied – die ganze Brigade der sozialistischen Führung – in die Hände geklatscht.
Da habe ich gesehen, dass du in Englisch alles singen kannst: alle machen mit!
Wenn man genau diese Aussagen aus den englischen Liedern in einen klaren deutschen Text bringt, dann kann man da plötzlich nicht mehr mitsingen, das kann man nicht mehr nachvollziehen. Das heißt, auf Englisch wird alles mitgemacht. Ich will aber nicht, dass Menschen
alles mitmachen. Sondern ich will, dass sie aus Überzeugung etwas mitsingen oder es sein
lassen. Aus diesem Grund bin ich bei evangelistischen Veranstaltungen gegen das Singen von
englischen Liedern!“

Nachtext

Quellenangaben

Mit freundlicher Genehmigung aus: Theo Lehmann/Friedrich Hänssler „Mit Theo Lehmann im Gespräch“ (Holzgerlingen: SCM Hänssler, 2007), S. 81 – 85.