Zeitschrift-Artikel: Lourdes

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Titel: Lourdes
Typ: Artikel
Autor: Dieter und Magdalene Ziegeler
Autor (Anmerkung):

online gelesen: 2342

Titel

Lourdes

Vortext

Ein Reisebericht

Text

Von Lourdes hat man schon viel gehört – alle Päpste und was sonst noch Rang und Namen hat, reist nach Lourdes und wird dort angeblich sehr gesegnet.
Anlässlich eines Spanien-Aufenthaltes nutzten wir die Gelegenheit, Lourdes zu besichtigen.
Obwohl wir natürlich unsere Meinung zu Wallfahrtsorten haben, waren wir doch sehr schockiert von dem, was wir an Ort und Stelle vorfanden.

Der Wallfahrtsort
Diese weltweit am meisten besuchte römischkatholische Wallfahrtstätte liegt im Vorgebirge der Pyrenäen. Mit rund fünf Millionen Übernachtungen jährlich zählt Lourdes nach Paris die meisten Übernachtungen in Frankreich. Mindestens 50.000 Kranke kommen jährlich dorthin.
Menschen auf Wagen und Bahren, in Rollstühlen und Betten gehören zu diesem Wallfahrtsort wie die vollgestopften Devotionalien-Läden. Mehr als 100.000 ehrenamtliche Helfer kümmern sich um die Wallfahrer. Der Etat von Lourdes beträgt 18 Mio. Euro, 90 Prozent davon sind Spenden. Das Geschäft mit dem Glauben blüht in Lourdes …
Wie wurde Lourdes zu diesem großen Wallfahrtsort? Dazu einige Infos über die Geschichte.
Bernadette Soubirous, (1844-1879), 1925 selig- und 1933 heiliggesprochen, hatte von Februar bis Juli 1858 in der Grotte von Massabielle (Lourdes) 18 Marien-Erscheinungen. Die ersten Erscheinungen wurden eher skeptisch gesehen.
Das änderte sich, als die junge, wunderschöne Dame sich als „Unbefleckte Empfängnis“ zu erkennen gab und einige „Aufträge“ für Bernadette hatte. Da Papst Pius IX 1854 das Dogma der Unbefleckten Empfängnis verkündete – das Maria sündlos und auch ohne Erbsünde gewesen sei – , war die katholische Kirche nun überzeugt, dass es sich bei diesen Erscheinungen um die Jungfrau Maria handelte.

Der Wallfahrtsbezirk
Auf dem 51 Hektar großen Grundstück befinden sich 22 Kirchen und Kapellen.
Die Esplanade (Königsweg) ist 130m lang, 85m breit und kann 40.000 Menschen fassen.
Die Fassade der Rosenkranzbasilika dient als Kulisse für große Feierlichkeiten, die sich unter dem „schützenden Blick“ der „Gekrönten Madonna“ abspielen.

Die Grotte
Die Grotte selbst ist nicht der Ort der Erscheinung, sondern eine Nachbildung. Der dunkle Felsüberhang wurde im Laufe der Jahre von den Millionen Kerzen, die hier gebrannt haben, geschwärzt. Oberhalb der Grotte steht in einer Nische die Statue der Jungfrau Maria, erstellt gemäß den Anweisungen von Bernadette. In einer Ecke der Grotte ist die von einer Glasplatte
bedeckte Quelle zu sehen. Bei der achten und neunten Erscheinung wurde Bernadette aufgefordert, die Erde zu küssen und Gras zu essen als Buße für die Sünder. Sie sollte aus der Quelle trinken und sich waschen. Nach mehreren Versuchen wurde das zunächst schlammige Wasser klar. Die Quelle fließt noch immer. In der Grotte selbst brennen stets 96 Kerzen von 500 Gramm, in der Mitte noch eine, die 4 kg wiegt.
Ganze Pilgerschlangen stehen an, um die Wand der Grotte zu berühren. Manche knien nieder, zünden Kerzen an und beten den Rosenkranz. Andere weinen. In einer Zeitschrift kann man lesen: „Der Fels ist immer noch treu für jene da, die ihn berühren wollen. […] Sogar Hindus, Buddhisten, Muslime kommen dorthin und können die Sprache dieser Mutter, des Wassers, des Feuers und des Felsens verstehen.“

„Wunderwasser“
In unmittelbarer Nähe der Grotte stehen Menschen aus allen Nationen geduldig an einer Wasserleitung Schlange. Aus etwa zwanzig Wasserhähnen kann man das „Wunderwasser“
 ratis aus der Grotte zapfen, davon trinken, sich waschen und die mitgebrachten Flaschen und Kanister füllen. Rund 30.000 Liter werden im Jahr exportiert, nur Verpackung und Porto übernimmt der Empfänger.
Heilungen werden auf dieses Lourdes-Wasser zurückgeführt, das sich chemisch durch nichts von gewöhnlichem Leitungswasser unterscheidet.
300.000 Pilger baden jährlich kostenlos in den eigens eingerichteten Badeanlagen, die täglich mit 120.000 Liter Quellwasser aus der Grotte versorgt werden. Das Ritual ist kurz und intensiv wie eine Kneippsche Anwendung. Die Menschen werden in die Wannen aus Marmor in das 12°C kalte Wasser eingetaucht. So folgen sie dem Aufruf „Mariens“ in der Grotte: „Trinkt an der Quelle und wascht euch darin.“ Von den zahllosen gemeldeten Heilungen wurden von Kirche und Medizin 48 anerkannt. Viele sprechen von einer seelischen Heilung. Das Wasser soll außerdem an das Sakrament der Taufe erinnern.
Bei den Stationen des Wasserweges wird man aufgefordert, sich zu waschen und zu trinken. An jeder Station wird auf „biblische Wasserstätten“ und Maria Bezug genommen.
So kann man an der Station Teich Bethesda folgendes lesen:
„An welchen Orten Maria auch immer erscheint, sie kommt nie als alte Frau. Sie ist nicht alt, weil sie ‚jünger ist als die Sünde, jünger als das Geschlecht, dem sie entstammte‘ (Georges Bernanos). Maria, unsere liebe Frau von Lourdes, unsere liebe Frau vom Heil, Morgenstern, erwecke in uns die Hoffnung auf eine Erneuerung.“

Die „Feutiers“
In 23 Blechquadraten lodern stets Kerzen aller Größen (200g – 70kg), die man käuflich erwerben
kann. Jedes Jahr brennen 750 Tonnen Kerzen in der unmittelbaren Umgebung der Grotte.
Über diese „brennenden Dornbüsche“ wachen die „Feutiers“, ein Berufsstand, der auf der ganzen Welt einmalig ist. Diese „Gärtner des Lichts“ arbeiten in Teams Tag und Nacht. Der Feutier sammelt die Gebete und erhebt sie in Feuergarben zur Madonna.
Er tut der „Heiligen Jungfrau“ in gewissem Sinn Zwang an:
Denn er verleiht jedem unzureichenden Gebet die „nötige Intensität“ (Huysman). Sind die Kerzenständer voll, werden die Kerzen in einen Wagen gelegt und in einen Stauraum gebracht, bis ein Kerzenständer frei wird. Viele Kerzen werden mit Zeitverzögerung – vielleicht erst im Herbst und Winter, wenn der Besucherstrom abebbt, abgebrannt.
Die eucharistische Prozession und die Kranken-Prozession. „Man komme in Prozessionen!“ Auch das war eine Bitte „Marias“ an Bernadette.
Seit der ersten eucharistischen Heilung (1888) findet diese Prozession von April bis Oktober jeden Nachmittag statt. Sie beginnt um 17 Uhr beim Anbetungszelt auf der Wiese.
Das ausgestellte „Allerheiligste“ wird unter dem Baldachin von einem Zelebranten getragen, der
die Prozession beschließt. Den Auftakt bilden die Kranken, begleitet von ihren persönlichen Helfern. Sie lenken die Chaisen, das sind die zierlichen Rollstühle mit Verdeck, die wie kleine Kutschen aussehen und an einer Lenkstange gezogen werden. Die Gesichter, die man beobachtet, sprechen ihre eigene Sprache: Kranke, die vielleicht nur noch kurze Zeit zu leben haben, Spastiker mit verkrampfter Nackenhaltung und verzerrten Gesichtern, Querschnittsgelähmte, Verwirrte. Ein emotionales, ergreifendes Bild.
Welche Erwartungen verbergen sich wohl bei den Einzelnen? Langsam setzt sich der Zug in
Bewegung, Lautsprecher übertragen Gebete in allen Sprachen, die Priester der jeweiligen Diözesen folgen, viele Menschen schließen sich an.
Die Prozession überschreitet den Fluss Gave und endet in der unterirdischen Basilika, wo sich die
Gläubigen um das „Allerheiligste“, das auf den Altar gestellt wird, versammeln. Nun werden die
Danksagung und die Krankensegnung zelebriert.
Die Messe wird durch die Eucharistie-Hymne und die Segnung der Gläubigen beendet.

Die Lichter-Prozession
Dieses größte „Spektakel“ findet seit 1858 von April bis Oktober an jedem Abend von 21 Uhr –
22 Uhr statt. Der gesamte Wallfahrtsbezirk ist dann ein Lichtermeer. Überall sitzen oder stehen
Tausende von Pilgern dicht an dicht gedrängt, mit einer brennenden Kerze in der Hand. Neun
Glockenschläge läuten die Prozession ein. Die Zeremonie beginnt an der Grotte. Nach einem „Im Namen des Vaters, und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ bekreuzigen sich alle. Die beleuchtete, fast lebensgroße Statue der „Jungfrau des Lichts“, getragen auf einer Trage mit Baldachin, führt die Lichterprozession an. Direkt anschließend folgen die Reihen mit den blauen Wagen (Kranke und Behinderte). Dahinter bilden sich zahlreiche Pilgergruppen, teils mit Fahne, Sprachband oder einer Flagge. Alle mit einer brennenden Kerze in der Hand, die an die eigene Taufe erinnern soll. Während die Massen über das „Heiligtum“ ziehen wird das Rosenkranzgebet in mehreren Sprachen gebetet. Auf ein Vaterunser folgen stets zehn „Gegrüßt sei’s du Maria“. Das Ave Maria von Lourdes, dessen Refrain in der ganzen Welt bekannt ist, wird während der Prozession in den Sprachen aller vertretenen Nationen gesungen.
Bei dem Refrain des Liedes Laudate Mariam werden die Kerzen in einem einstimmigen Lobpreis in die Höhe gehoben. Hier wird mit Inbrunst zu „Maria“ gebetet, wird „Maria“ mit kraftvoller
Stimme gepriesen, wird „Maria“ geliebt.
Am Ende der Prozession versammeln sich die Pilger auf der Rosenkranz-Esplanade vor der Rosenkranzbasilika, von einem tiefen Gefühl der Übereinstimmung beseelt. Das Kreuz auf der Kuppel glänzt in strahlendem Gold. Kreuz und Krone, die auf der Kuppel thronen, sollen an die Krönung „Marias“ im Himmel erinnern (Dogma 1950 von Papst Pius XII). Die Zeremonie wird durch eine Segnung beendet. Das Salve Regina, letzte Huldigung an die Jungfrau Maria, wird mit
erhobenen Kerzen gesungen: „Heil Dir, Königin, Mutter der Barmherzigkeit, unser Leben, unsere Hoffnung, heil Dir! Zu Dir rufen wir verbannte Kinder Evas, zu Dir seufzen wir, schluchzend und weinend in diesem Tränental.
Ach, nun also, unsere Fürsprecherin: wende deine barmherzigen Augen uns zu, und nach diesem Elend zeige uns Jesus, die gebenedeite Frucht Deines Leibes:
O gütige, o weiche, o süße Jungfrau Maria.“
Auch der ehemalige Papst Benedikt XVI sieht Maria als Lichtträgerin. Er nennt sie gern „Stern der Hoffnung“.
„Auf den Wegen unseres Lebens, die so oft dunkel sind, ist sie das Licht der Hoffnung, das uns erleuchtet und uns auf unserm Pfad die Richtung weist. Maria ist unsere Mutter. Mit ihrer mütterlichen Fürsorge ist sie uns nahe. Dies dürfen wir immer wieder erfahren, gerade auch an diesem Wallfahrtsort. Als ihre Kinder wollen wir Maria unser Leben anvertrauen – Freuden und Sorgen, Krankheit und Leid, all unsere Anliegen. Denn wir wissen: Maria führt uns sicher zu ihrem Sohn Jesus Christus.“

Die unterirdische Basilika
„Sagt den Pfarrern, hier eine Kapelle zu errichten“, befiehlt die „Dame“ der Bernadette. Dieses größte Bauwerk, die unterirdische Basilika, wurde am 25. März 1958 eingeweiht.
25.000 Menschen finden darin Platz. Durch ihre gewaltigen Abmessungen und eine moderne Technik ist sie wohl einmalig in der Welt. Von April bis Oktober finden hier die internationalen
Messen und die eucharistische Anbetung mit der anschließenden Krankensalbung und -Segnung statt. Papst Pius X., dem diese Basilika gewidmet ist, sagte: „Der einmalige Ruhm der Wallfahrtsstätte Lourdes beruht auf der Tatsache, dass die Völker von überall her durch Maria zur Anbetung Jesu Christi in dem erhabensten Sakrament geführt werden, so dass diese Wallfahrtsstätte, die gleichermaßen ein Zentrum der Marienverehrung und der Thron des eucharistischen Geheimnisses ist, offenbar alle anderen Wallfahrtstätten der katholischen Welt an Ruhm übertrifft.“

Die Rosenkranzbäume
In diesem umzäunten Bereich gibt es für jedes Jahr einen bestimmten Baum (aus Metall), an dessen Zweigen selbst kreierte Rosenkränze aller Art und Größe hängen.
Pilger an Pilger sitzen oder knien andächtig unter den Augen der gekrönten Madonna an dieser Station. Sie lassen wortlos ihre Rosenkränze durch die Finger gleiten, legen für Maria Blumen nieder, einige weinen.
Am Ende unserer Besichtigung sind wir uns sicherer als je zuvor, vor solch einem religiösen Betrug mit den Seelen warnen zu müssen – erst recht, nachdem wir zu Hause einiges aus der Rede Papst Benedikt XVI zur 150jährigen Jahrfeier von Lourdes lasen: „In Lourdes lädt die heilige Jungfrau alle ein, die Erde als einen Ort unserer Pilgerreise hin zur endgültigen Heimat anzusehen, die der Himmel ist. In Wirklichkeit sind wir alle Pilger. Wir brauchen die Mutter, die uns führt, und in Lourdes lädt uns ihr Lächeln dazu ein, mit großem Vertrauen weiterzugehen, im Bewusstsein, dass Gott gut ist, dass Gott die Liebe ist.“
Auch der Nachfolger von Papst Benedikt XVI, Papst Franziskus, ist ein eifriger Marienverehrer.
Die allererste Audienz nach seiner Wahl hatte er mit „Maria“ und bei seinem ersten öffentlichen
Kontakt mit der Bevölkerung versprach er, am nächsten Tag die „Madonna“ zu bitten, Rom zu beschützen.
Doch trotz seiner starken Marien-Verehrung besitzt er bereits große Sympathien einiger Evangelikaler, die sich der Lehre der katholischen Kirche immer mehr nähern.
Wir aber sind dazu aufgefordert, jede Lehre anhand der Bibel zu prüfen. Paulus schreibt den Christen in Galatien: „Wenn aber auch wir oder ein Engel aus dem Himmel euch etwas als
Evangelium entgegen dem verkündigten, was wir euch als Evangelium verkündigt haben: Er sei verflucht!“ (Gal 1,8) Und in Rö 1,25 gibt er zu bedenken: „… welche die Wahrheit Gottes in die Lüge verwandelt und dem Geschöpf Verehrung und Dienst dargebracht haben statt dem Schöpfer, der gepriesen ist in Ewigkeit. Amen.“ (Röm 1,25).
Wenn schon eine „Marien-Erscheinung“ solch eine Ephorie und Verehrung auslösen kann, wie viel mehr sollten unsere Herzen ergriffen und begeistert sein von unserem geliebten Herrn Jesus Christus, unserem Erlöser – dem Einzigen, der Anbetung verdient:

„… den ihr liebt, obgleich ihr ihn nicht gesehen habt, an den ihr glaubt, obwohl ihr ihn jetzt nicht seht, über den ihr mit unaussprechlicher Freude jubelt …“ (1Petr 1, 8.9).

 

Nachtext

Quellenangaben