Albert v. d. Kammer (1860-1951)
Der Mantel und die Bücher des Apostels (2. Tim. 4,13) Paulus stand am Ende seiner Laufbahn. Er lag im kalten Gefängnis, und der Winter nahte. Sein Wunsch, den Mantel zu haben, den er in ferner Gegend zurückgelassen hatte, zeigt uns Paulus als den Nachfolger Dessen, der arm um unsertwillen wurde und nicht hatte, wo Er Sein Haupt hinlege. Wir sehen ihn hier in Umständen und Beschwerden, die er an anderer Stelle so ergreifend beschreibt: "In Gefängnissen .. in Hunger und Durst .. ., in Kälte und Blöße". (2. Kor. 11).
Alle Aussichten auf irdische Wohlfahrt, Rang und Stand, Genossen und Freunde, hatte Paulus um der Erkenntnis Christi Jesu willen eingebüßt. Jetzt, am Ende seiner Tage auf Erden, sehen wir ihn in einer Lage, die unser Herz tief bewegt. Er empfindet den Mangel an genügender Kleidung, sich vor Frost zu schützen; gar nicht zu reden von dem Mangel an Dingen, die seine Lage hätten erleichtern können.
Was aber mußte sein Herz erst über den Mangel in der Liebe jener Brüder empfinden, die sich von ihm abgewandt hatten! Wieviel Schmerz liegt in den Worten: "Alle, die in Asien sind, haben sich von mir abgewandt" (2. Tim. 1,15). "Demas hat mich verlassen, da er den jetzigen Zeitlauf liebgewonnen hat". Von der Welt konnte er kein Mitgefühl erwarten, wohl aber von denen, "die trauten Umgang miteinander pflogen, ins Haus Gottes wandelten mit der Menge" (Ps. 55,14). Einer aber, Der nie fehlt, verließ ihn nicht. Paulus bekennt: "Der Herr aber stand mir bei und stärkte mich". Er stand in den dunkelsten Tagen an seiner Seite, ihn zu stärken, zu retten und zu bewahren für Sein himmlisches Reich. So schwer und bedrückend die Leiden waren, die er von seiten der Welt durchzumachen hatte, und so schmerzlich die Erfahrungen von seiten der Brüder sein mochten, um so herrlicher und köstlicher waren die Erfahrungen der Treue seines Herrn, die all dieser Leiden wohl wert waren.
An einen der wenigen, die ihm ihre Liebe bewahrt hatten, wendet sich Paulus mit der Bitte, noch v o r dem Winter zu kommen und ihm den Mantel, den er in Troas gelassen hatte, zu bringen, ebenso die Bücher, besonders die Pergamente. Was das für Bücher waren, wissen wir nicht. Der Apostel bezeichnet sie nicht näher_ Timotheus wußte, welche es waren und wozu Paulus sie gebrauchte. Wir aber sehen aus diesem Wunsche des Apostels, daß er sie schätzte und daß sie ihm nützlich waren. Wenn Paulus solchen Wert auf den Empfang derselben legte, daß sie ihm aus der Ferne gebracht werden möchten, so mußten sie entweder ihm selbst oder in irgendeiner Weise der Sache des Herrn fördernd und nützlich sein.
Wir aber lernen daraus, die Mittel, die uns zur Förderung und Belehrung und der Sache des Herrn dienen können, nicht gering zu achten, sondern mit Fleiß zu gebrauchen.
(aus »Handreichungen«)
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